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Die Italia war ein Luftschiff des italienischen Generals und Luftschiffkonstrukteurs Umberto Nobile. Es war ein halbstarres Luftschiff, d. h. eine an der Unterseite durch ein metallisches Gitterwerk versteifte, ansonsten durch inneren Gasdruck in Form gehaltene Konstruktion. Sie entsprach weitgehend der des Vorgängerschiffs N 1 Norge.

N 4
„Italia“

Die Italia in Stolp, 1928
Typhalbstarres Luftschiff
Entwurfsland

Italien 1861 Königreich Italien

Hersteller Stabilimento Costruzioni Aeronautiche – Rom
Erstflug 19. März 1928

Die Italia wurde 1928 für die Nobile-Nordpol-Expedition fertiggestellt, auf der sie am 25. Mai 1928 im Eismeer havarierte und verloren ging. Neben ihrem Namen Italia trug sie die Bezeichnung N 4, wobei der Buchstabe N, analog zum Z bei den Zeppelinen, auf den Erbauer Nobile verwies.


Geschichte


Umberto Nobile in der Tür der Italia
Umberto Nobile in der Tür der Italia
Denkmal für die Opfer des Unglücks der Italia in Ny-Ålesund
Denkmal für die Opfer des Unglücks der Italia in Ny-Ålesund
Denkmal für die Opfer des Unglücks der Italia und der Opfer der nachfolgenden Rettungsaktionen in der Telegrafbukta in Tromsø
Denkmal für die Opfer des Unglücks der Italia und der Opfer der nachfolgenden Rettungsaktionen in der Telegrafbukta in Tromsø

Nach seiner erfolgreichen Überquerung des Nordpols mit dem Luftschiff N 1 Norge hatte sich Umberto Nobile zwischenzeitlich mit einem dann nicht realisierten größeren Luftschiffprojekt sowie einem Luftschiffentwurf für Japan beschäftigt. Im Sommer 1927 begann er mit der Konstruktion des halbstarren Luftschiffs N 4 Italia für eine erneute Nordpolarexpedition mit diesmal zahlreichen – hauptsächlich physikalischen – Forschungsaufgaben. Die Norge hatte lediglich durch Messungen der elektrischen Leitfähigkeit der Luft zur Erforschung des Polarlichts beigetragen.

Am 15. April 1928 startete die Italia bei Mailand ihre Fahrt zur Basisstation am Kongsfjord auf Spitzbergen. Zur Behebung von Schäden wurde ein Reparaturaufenthalt im deutschen Luftschiffhafen Seddin bei Stolp notwendig. Dort startete sie am 3. Mai 1928 wieder, um nach Zwischenlandung in Vadsø im Norden Norwegens am 6. Mai am Kongsfjord bei Ny-Ålesund, Spitzbergen einzutreffen. Hier standen ihr ein nach oben offener Zelthangar und das Versorgungsschiff Città di Milano zur Verfügung.

Vom 13. bis 15. Mai unternahm die Italia eine erfolgreiche Forschungsfahrt zur 1600 km entfernten Inselgruppe Sewernaja Semlja. Die Fahrstrecke von fast 4000 km übertraf die der späteren Nordpolfahrt.

Am 23. Mai startete sie mit 16 Mann Besatzung und dem Hund des Expeditionsführers zu ihrer Fahrt zum Nordpol. Am nächsten Tag kreiste sie zwei Stunden lang in der Höhe von bis zu 150 m über dem Pol, doch ein starker Wind ließ eine Landung nicht zu. Eigentlich sollte eine Forschergruppe mit Messgeräten während einer geplanten Aufenthaltsdauer von einer Woche wissenschaftliche Aufgaben durchführen. Es sollten der Erdmagnetismus, die Gravitation und die Ozeantiefe gemessen werden. So wurden nur die italienische Flagge und das schwere päpstliche Kreuz abgeworfen.

Auf der Rückfahrt geriet das Luftschiff in schlechtes Wetter. Am Morgen des 25. Mai 1928 verlor es so stark an Höhe, dass die Führergondel auf dem Packeis aufschlug und abriss, wobei der Motorbediener Pomella ums Leben kam. Neun Überlebende blieben nahe der Insel Foynøya auf dem Eis zurück, vier davon verletzt, darunter auch der Expeditionsführer Umberto Nobile. Sein Hund blieb unversehrt.

Sechs Besatzungsmitglieder schwebten im Kielgerüst und den Motorgondeln mit der steuerungslosen Luftschiffhülle davon. Von ihnen wurde nie mehr eine Spur gefunden. Der tschechische Expeditionsteilnehmer František Běhounek schildert in seinem Buch Die Gestrandeten des Polarmeers (Trosečníci polárního moře[1]), dass knapp eine halbe Stunde später von der Unglücksstelle aus am Horizont eine aufsteigende Rauchsäule in der Nähe der Weißen Insel beobachtet wurde. Da dies der Windrichtung entsprach, dürfte damit der endgültige Absturz des Schiffsrestes markiert gewesen sein.

Unter den vom Luftschiff abgerissenen Gegenständen war neben anderen Gegenständen ein Zelt (von der Größe her allerdings für alle Gestrandeten nur sehr knapp ausreichend), eine gewisse Menge an Proviant, ein 12-mm-Revolver Marke Colt mit 100 Patronen, ein Vorrat an Streichhölzern und ein sich nicht planmäßig an Bord befindlicher portabler Kurzwellensender (33 m Wellenlänge, 25 Watt Sendeleistung, getestete Reichweite 400 Seemeilen, 12 Volt Betriebsspannung), eine fürs Erste ausreichende Menge an Batterien und Material zum Bau eines improvisierten Antennenmastes sowie Navigationsinstrumente und diverse Werkzeuge.

Mit dem Revolver gelang es, einen in die Nähe des Lagers gekommenen Eisbären zu erlegen und damit die Vorräte erheblich zu vergrößern. Mit Hilfe der Zündhölzer dienten die hölzernen Überreste der Gondel der Zubereitung warmer Mahlzeiten. Dennoch brachen zwei italienische Besatzungsmitglieder auf, um zu Fuß Hilfe zu suchen. Ihnen schloss sich – obschon leicht verletzt – der in seinem Land sehr populäre schwedische Ozeanologe Finn Malmgren an, weil er den Italienern ohne polarerfahrene Begleitung nur geringe Überlebenschancen einräumte. Er starb unter nicht ganz geklärten Umständen, wobei jedoch davon ausgegangen wird, dass er Opfer von Kannibalismus seitens seiner Kameraden wurde.[2]

Zum Schlüssel der Rettung wurde jedoch der Radiosender. Er überstand den Absturz (im Gegensatz zur Filmdarstellung in Das rote Zelt, siehe unten) offenbar unbeschädigt. Während die Suche nach einem Echo des offiziellen Langwellensenders der Italia nach einiger Zeit als aussichtslos eingestellt wurde, begannen sich Radioamateure auf der ganzen Welt für die Wellenlänge 33 m zu interessieren, da Zeitungen über ein solches Notgerät an Bord des Luftschiffs berichtet hatten. Es war dann auch ein begeisterter Radioamateur, der junge russische Lehrer Nikolai Reinholdowitsch Schmidt (1906–1942), der in Wochma als Erster die SOS-Signale der Gestrandeten empfing und so eine gezielte Suche ermöglichte.

Die Havarie löste eine große internationale Rettungsaktion aus, in deren Verlauf ihrerseits der norwegische Polarforscher Roald Amundsen ums Leben kam, der Nobiles erste Polarexpedition begleitet hatte. Diese bislang größte internationale Suchaktion in der Arktis umfasste 18 Schiffe und 21 Flugzeuge aus Norwegen, Schweden, Finnland, Frankreich, Dänemark, der UdSSR und Italien mit insgesamt 1500 Menschen.[3]

Der italienische Pilot Umberto Maddalena entdeckte das rote Zelt am 20. Juni[4][5], konnte aber nicht landen. Erst dem schwedischen Oberleutnant Einar Lundborg gelang es, mit einem Flugzeug in der Nähe des Zeltes der Gestrandeten zu landen. Es herrschten optimale Bedingungen und innerhalb von zwei Tagen wollte Lundborg alle retten. Von den Verletzten wurde aufgrund der nur geringen Nutzlast zunächst der zierliche Nobile ausgeflogen. Er sollte außerdem helfen, die Rettungsaktion von der schwedischen Hilfsbasis aus zu koordinieren. Beim zweiten Flug entledigte Lundborg seine Maschine überflüssigen Gewichts, um den ebenfalls verletzten, über 100 Kilogramm schweren Cecioni transportieren zu können, kam jedoch beim Landen nicht rechtzeitig zum Stillstand und havarierte am Ende der Piste. Nachdem der unverletzte Lundborg einige Tage später durch seinen Landsmann Schyberg ausgeflogen worden war, stellte Schweden seine Rettungsaktion ein. Die letzten Überlebenden der Italia wurden nach 49 Tagen auf dem Packeis vom sowjetischen Eisbrecher Krassin gerettet.

Trotz der besonderen Umstände der Rettungsaktion – selbst Cecioni ermunterte Nobile, als Erster Lundborgs Flugzeug zu besteigen – wurde diesem später vorgeworfen, er habe sich als Kapitän frühzeitig anstatt zuletzt retten lassen und damit gegen eherne Grundsätze verstoßen.

Wissenschaftlich war die letzte Fahrt der Italia kein Misserfolg. Einige Ergebnisse der Arbeiten vor dem Absturz konnten gerettet werden. Außerdem waren auch während des Ausharrens auf Rettung noch Experimente und Messungen durchgeführt worden.


Expeditionsteilnehmer


NameAufgabeSchicksal
Besatzung
General Umberto NobileExpeditionsleiteram 23. Juni von Lundborg ausgeflogen
Korvettenkapitän Adalberto MarianoErster Offiziernach dem erfolglosen Versuch, Hilfe zu holen, am 12. Juli von der Krassin aufgenommen
Korvettenkapitän Filippo ZappiSteuermann
Leutnant Alfredo ViglieriSteuermann, Hydrographam 12. Juli von der Krassin aufgenommen
Felice TrojaniIngenieur
Natale Cecionileitender Techniker
Unterleutnant Ettore Arduinoleitender Maschinistverschollen
Wachtmeister Attilio CarattiMaschinist
Vincenzo Pomellabeim Absturz getötet
Calisto Cioccaverschollen
Renato AlessandriniTakler
Giuseppe BiagiFunkeram 12. Juli von der Krassin aufgenommen
Wissenschaftler
František Běhounektschechischer Physikeram 12. Juli von der Krassin aufgenommen
Finn Malmgrenschwedischer Meteorologe und Ozeanographbei dem Versuch, Hilfe zu holen, auf dem Marsch nach Spitzbergen gestorben
Aldo Pontremoliitalienischer Physikerverschollen
Berichterstatter
Ugo LagoJournalistverschollen
weitere Teilnehmer
Francesco TomaselliJournalistauf der Nordpolfahrt nicht an Bord
Ettore PedrettiFunker

Technische Daten



Rezeption



Rundfunk


Die Suche nach den Überlebenden des Italia-Unglücks wurde in einem Hörspiel von Friedrich Wolf verarbeitet. Das Stück mit dem Titel SOS … rao rao … Foyn – „Krassin“ rettet „Italia“ wurde 1929 von der Funk-Stunde Berlin vertont und ist das älteste, vollständig erhaltene Hörspiel in deutscher Sprache.


Kino


Das Italia-Unglück war u. a. Vorlage für den mit Sean Connery, Claudia Cardinale und Mario Adorf besetzten sowjetisch-italienischen Film Das rote Zelt (Krasnaja palatka – 1969).


Fernsehen


1967 wurde das Italia-Unglück vom ZDF unter dem Titel „Nobile – Sieben Wochen auf dem Eis“ als Zweiteiler verfilmt[6]. In den Hauptrollen spielten Günter Mack als Nobile, ferner Claus Biederstaedt, Volkert Kraeft und Günter Strack.


Literatur




Commons: Italia (Luftschiff) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Titel der 1955 erschienenen Auflage seines bereits 1928 erschienenes Buches Trosečníci na kře ledové
  2. Hans-Otto Meissner: Mein Leben für die weiße Wildnis. Die Expeditionen des Roald Amundsen. Klett, Stuttgart 1991, ISBN 3-12-920043-6
  3. /blog.zeppelin-museum.de
  4. adria.italiani.it
  5. Italia Tass.com
  6. Italia in der Internet Movie Database (englisch)

На других языках


- [de] Italia (Luftschiff)

[en] Italia (airship)

The Italia was a semi-rigid airship belonging to the Italian Air Force. It was designed by Italian engineer and General Umberto Nobile who flew the dirigible in his second series of flights around the North Pole. The Italia crashed in 1928, with one confirmed fatality from the crash, one fatality from exposure while awaiting rescue, and six missing crew members who were trapped in the still-airborne envelope. At the end of the rescue operations there were a total of 17 dead (crew and rescuers).

[fr] Italia (dirigeable)

L’Italia est un ballon dirigeable semi-rigide utilisé par Umberto Nobile dans sa seconde série de vols au-dessus du pôle Nord en 1928.

[it] Italia (dirigibile)

L'Italia fu un dirigibile militare italiano, del tipo semirigido[1], costruito allo Stabilimento Costruzioni Aeronautiche di Roma con la denominazione N-4[2] e completato nell'ottobre del 1927[3] su progetto dell'ingegnere e Generale del Genio della Regia Aeronautica Umberto Nobile.

[ru] Экспедиция на дирижабле «Италия»

Арктическая экспедиция на дирижабле «Италия» (итал. Italia) состоялась в 1928 году под руководством итальянского исследователя Умберто Нобиле. Дирижабль с экипажем из 16 человек вылетел из Ню-Олесунна на Шпицбергене 23 мая, пролетел над Северным полюсом, но на обратном пути потерпел катастрофу. Часть экипажа погибла, оставшиеся около месяца провели на льду в лагере, который получил известность под названием «красная палатка». Для спасения выживших в разных странах было организовано несколько экспедиций. Последних членов экспедиции Нобиле 12 июля забрал советский ледокол «Красин».



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