Li Shangfu (chinesisch 李尚福, Pinyin Lĭ Shàngfú, * Februar 1958 in Chengdu) ist ein chinesischer Raumfahrtingenieur und General der Volksbefreiungsarmee. Er ist seit August 2017 Leiter der Abteilung für Waffenentwicklung der Zentralen Militärkommission und Kommandant des bemannten Raumfahrtprogramms der Volksrepublik China.
Li Shangfu wurde in Februar 1958 in Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan, geboren. Sein Vater war Li Shaozhu (李绍珠, 1911–1995), ein hochrangiger Offizier der Volksbefreiungsarmee, der 1934/35 den Langen Marsch mitgemacht hatte, 1953 mit der Volksfreiwilligenarmee am Koreakrieg teilgenommen hatte und ab 1954 zunächst als Stabschef, später als Kommandant der 5. Division der Eisenbahntruppen der Volksbefreiungsarmee (中国人民解放军铁道兵, eine Pioniereinheit) wesentlichen Anteil am Aufbau der Infrastruktur Chinas hatte.[1] 1978 schrieb sich Li Shangfu an der Universität für Wissenschaft und Technik der Landesverteidigung der chinesischen Volksbefreiungsarmee in Changsha für Luft- und Raumfahrttechnik ein und trat in die Volksbefreiungsarmee ein, obwohl dies damals für Studenten nicht verpflichtend war. 1982 schloss er sein Studium mit dem Ingenieurdiplom ab.
Nach seinem Studienabschluss wurde Li Shangfu zu der auf der 27. Basis der chinesischen Volksbefreiungsarmee für Erprobung und Ausbildung, besser bekannt als Kosmodrom Xichang, stationierten Einheit 63790 abkommandiert, wo er zunächst als Techniker arbeitete.[2] Dann begann er jedoch, sich fortzubilden und studierte als Postgraduierter (研究生) am Institut für Automatisierungstechnik der Chongqing-Universität (重庆大学自动化学院).[3] Li Shangfu stieg in der Hierarchie auf und erlebte auf dem Kosmodrom den schweren Unfall am 15. Februar 1996 mit, als eine Changzheng-3B-Trägerrakete aufgrund eines Fehlers in ihrem Trägheitsnavigationssystem auf einen Berghang stürzte und bei der resultierenden Explosion 6 Menschen ums Leben kamen sowie 57 teils schwer verletzt wurden. Im Dezember 2003 wurde Li Shangfu zum Kommandanten des Kosmodroms Xichang ernannt, im Juli 2006 wurde er zum Generalmajor befördert. Gleichzeitig fungierte als Kommandant des Kosmodromsystems (发射场系统总指挥) des Mondprogramms der Volksrepublik China und war in dieser Eigenschaft verantwortlich für den Start der Mondsonden Chang’e-1 am 24. Oktober 2007 und Chang’e-2 am 1. Oktober 2010.[4] Beide Missionen waren erfolgreich, und im September 2013 wurde Li Shangfu als Stabschef beim damaligen Hauptzeugamt der Volksbefreiungsarmee nach Peking versetzt.[5]
Ende 2014 wurde Li Shangfu zum stellvertretenden Leiter des Hauptzeugamts befördert. Ein Jahr später wurde das Hauptzeugamt im Rahmen der Tiefgreifenden Reform der Landesverteidigung und des Militärs aufgelöst und an seiner Stelle bei der Zentralen Militärkommission die „Abteilung für Waffenentwicklung“ eingerichtet, die anders strukturiert war. Die Zuständigkeit für die Raumfahrtaktivitäten ging nun zum großen Teil an die zum 1. Januar 2016 neu gegründete Strategische Kampfunterstützungstruppe der Volksrepublik China. Als gelernter Raumfahrtingenieur wurde Li Shangfu zu der neuen Teilstreitkraft versetzt, übernahm dort den Posten des stellvertretenden Kommandeurs und fungierte gleichzeitig als Stabschef. Sein Aufgabengebiet war wieder die Betreuung des Mondprogramms, wo er nun den Posten eines Stellvertretenden Kommandanten (探月工程副总指挥) innehatte.[6]
Im August 2016 wurde Li Shangfu zum Generalleutnant befördert.[7] Ein Jahr später, im August 2017 wurde er zum Leiter der Abteilung für Waffenentwicklung der Zentralen Militärkommission ernannt.[8] Damit war er qua Amt auch Kommandant des bemannten Raumfahrtprogramms der Volksrepublik China.[9] Zwei Monate später, am 24. Oktober 2017, wurde er auf dem 19. Parteitag der KPCh in das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas gewählt.[10] Die Abteilung für Waffenentwicklung entwickelt nicht nur selbst Systeme wie den Flugzeugträger 001 oder die modulare Raumstation, sondern kauft auch Waffen aus dem Ausland, so zum Beispiel 2017 zehn russische Kampfflugzeuge vom Typ Suchoi Su-35 und 2018 Komponenten für das russische Boden-Luft-Raketen-System S-400 Triumf zur Bekämpfung von Kampfflugzeugen und Marschflugkörpern sowie von ballistischen Kurz- und Mittelstreckenraketen. Daraufhin belegte das Außenministerium der Vereinigten Staaten sowohl die Abteilung für Waffenentwicklung als Behörde als auch Li Shangfu persönlich im September 2018 auf der Basis des Countering America’s Adversaries Through Sanctions Act mit Sanktionen. Die Sanktionen untersagen es der Abteilung für Waffenentwicklung, in den USA Finanztransaktionen zu tätigen – was diese ohnehin nicht macht – und Amerikanern, mit der Abteilung in Geschäftsbeziehungen zu treten.[11] Damit schlossen sich die USA auch unabhängig vom Wolf Amendment von einer Beteiligung an chinesischen bemannten Raumfahrtmissionen und vor allem von der modularen Raumstation aus.
Am 31. Juli 2019 wurde Li Shangfu bei einer feierlichen Zeremonie im VBA-Gebäude in Peking von Xi Jinping, dem Vorsitzenden der Zentralen Militärkommission, zum Viersternegeneral ernannt.[12]
Personendaten | |
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NAME | Li, Shangfu |
ALTERNATIVNAMEN | 李尚福 (chinesisch); Lĭ Shàngfú (Pinyin) |
KURZBESCHREIBUNG | chinesischer Raumfahrtingenieur, General, Kommandant des bemannten Raumfahrtprogramms der Volksrepublik China |
GEBURTSDATUM | Februar 1958 |
GEBURTSORT | Chengdu, Provinz Sichuan |