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Das italienische Flugtriebwerk Fiat AS.6 war ein Kolbenmotor mit 24 Zylindern.

AS.6 im Italienischen Luftfahrtmuseum Vigna di Valle
AS.6 im Italienischen Luftfahrtmuseum Vigna di Valle

Geschichte


Das Triebwerk wurde von Fiat unter der Leitung des Ingenieurs Tranquillo Zerbi für das Rennflugzeug Macchi-Castoldi M.C.72 entworfen, das im September 1931 an der Schneider-Trophy in Calshot Spit (Großbritannien) teilnehmen sollte. Der erste Prüfstandlauf erfolgte am 20. April 1931. Der erste Flug am 22. Juni 1931 endete durch Fehlzündungen mit Schäden am neuen Triebwerk. Aufgrund technischer Probleme und eines tödlichen Unfalls des Piloten Giovanni Monti am 2. August 1931 sagte Italien die Teilnahme ab.

Durch die aufwendige Weiterentwicklung konnte am 10. April 1933 der erste Geschwindigkeitsrekord mit 682,078 km/h aufgestellt werden; der letzte Rekord folgte am 23. Oktober 1934 und ist mit 709,209 km/h[1] bis heute in seiner Klasse ungeschlagen.


Konstruktion


Macchi-Castoldi M.C.72
Macchi-Castoldi M.C.72

Entwicklungsziele


Die Auslegung des Motors durch den Ingenieur Tranquillo Zerbi folgte drei Entwicklungszielen:


Minimierung der Stirnfläche

Die Nebenaggregate wie Zündanlage, Fallstromvergaser und Lader waren hinter dem Motor angeordnet, um die schlanke Silhouette des V-Motors nicht zu beeinträchtigen.[3]

Die Öl- und Wasserkühler am Flugzeug waren als Oberflächenkühler ausgeführt.


Minimierung der freien Momente

Die beiden nicht gekoppelten Kurbelwellen drehten in entgegengesetzter Richtung, ebenso die Propellerwellen und Propeller.[3] Dadurch wurden erstens die Massenmomente beim Beschleunigen des Motors eliminiert und zweitens die Propellerdrehmomente neutralisiert.

Mit nur einem Propeller wäre das Drehmoment des Propellers kritisch für den Start: das Moment müsste von einem der beiden Schwimmer abgefangen werden, was die Eintauchtiefe und damit den Widerstand dieses Schwimmers ändern würde – das Flugzeug könnte in der Startphase kaum auf Kurs gehalten werden.[2]


Maximierung der Leistungsausbeute

Das Triebwerk basierte auf dem Rennmotor Fiat AS.5 mit etwa 1000 PS und 12 Zylindern, der zwar schon je zwei Einlass- und zwei Auslassventile pro Zylinder besaß, aber noch nicht aufgeladen war. Mit dem mechanischen Lader sollten für den AS.6 mit verdoppeltem Hubraum Leistungen von 2500 PS für Renneinsätze und 3000 PS für Rekordflüge erreicht werden.


Technische Ausführung



Motorblock

Teilmontierter Motor
Teilmontierter Motor

Das Grundkonzept des Motors bestand aus zwei AS.5-Motoren, die Stirnseite an Stirnseite montiert wurden. Die zwei gegenläufigen Kurbelwellen liefen in einem gemeinsamen Kurbelgehäuse, hatten aber jeweils eine eigene Ölpumpe, zwei Kühlwasserpumpen und einen eigenen Abtrieb in der Mitte des somit entstandenen 24-zylindrigen Motors mit 48 Zündkerzen und 96 Ventilen. Die beiden Propellerwellen waren als Koaxialwellen ausgeführt und liefen zwischen den Zylinderbänken der vorderen 12 Zylinder hindurch mit einer um den Untersetzungsfaktor von 0,6 reduzierten Drehzahl gegenüber der jeweiligen Kurbelwelle.


Zündanlage

Zwei Magnetzündanlagen für die hinteren 12 Zylinder waren unterhalb des Vergasers angeordnet, sie wurden von der Kurbelwelle angetrieben. Die zwei Magnetzündanlagen für die vorderen 12 Zylinder waren außergewöhnlich hoch vor den vorderen Zylinderköpfen montiert, der Antrieb erfolgte durch die äußere Propellerwelle.[4]

Die Zündkerzen lieferte der britische Hersteller KLG, die Magnetzündanlagen der italienische Hersteller Magneti Marelli.[1]


Vergaser und Lader

Vergaser an der Rückseite des Motors
Vergaser an der Rückseite des Motors

Der Vergaser wurde als Fallstromvergaser mit acht Mischkammern ausgeführt.

Für die Rezeptur des Treibstoffes wurde der britische Experte Francis Rodwell Rod Banks engagiert. Die Zusammensetzung war 55 % Benzin, 23 % Alkohol, 22 % Benzol und 0,15 % Bleitetraethyl.[5] Die hintere Kurbelwelle trieb den einstufigen Zentrifugalkompressor an; um die abgeführte Leistung von etwa 200 PS bei 19.000 bis 20.000 min−1 auszugleichen, wurde entsprechend der Anstellwinkel des vorderen Propellers reduziert.[5]


Technische Probleme des Triebwerks


Die technischen Probleme des Triebwerks konnten trotz großer Anstrengungen nicht zufriedenstellend gelöst werden.

Im Endeffekt konnte der Motor nur für wenige Flüge eingesetzt werden; eine weitere Verwendung erfolgte nach dem Weltrekord im Jahr 1934 nicht mehr.

Zwei Piloten starben während der Erprobung der MC.72 bei Unfällen, die durch das Triebwerk verursacht wurden.


Technische Daten


Kenngröße Daten des AS.6
Bauart 24-Zylinder-V-Motor (60°), vier Ventile pro Zylinder
Bohrung 138 mm
Hub 140 mm
Hubraum 50,25 L
Verdichtung 7:1
Lader einstufiger Zentrifugallader, 20.000 min−1, Ladedruck bis 1,82 bar
Leistung 3.000 PS (ca. 2.200 kW) bei 3200 min−1
Trockenmasse 930 kg

Erhaltene Triebwerke


Ein kompletter Fiat AS.6 ist im Italienischen Luftfahrtmuseum Vigna di Valle ausgestellt. Das Centro Storico Fiat in Turin zeigt ein weiteres vollständiges Triebwerk.


Siehe auch



Literatur




Commons: Fiat AS.6 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. The Speed Record Raised. (PDF) In: Flight. Flightglobal, 1. November 1934, S. 1152, archiviert vom Original am 17. April 2017; abgerufen am 25. April 2021 (englisch): „British equipment figured in the success, for Castrol oil and K.L.G. plugs were used.“  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.flightglobal.com
  2. Der 5. VOLTA-Kongress 1935 in Rom, ein Durchbruch in der Hochgeschwindigkeitsaerodynamik. (PDF; 2,7 MB) Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt, S. 7, abgerufen am 17. Januar 2015 (Mit Querschnittszeichnung des Fiat-Motors des Rekordflugzeuges MC. 72 im Vergleich zur Körpergröße des Piloten.): „Eine Gewaltlösung über den Antrieb, der die Überwindung des großen aerodynamischen Widerstandes ermöglichte.“
  3. Major G.P. Bulman: Engine Features from the Paris Show. (PDF) In: FLIGHT. Flightglobal, 15. Dezember 1932, S. 1188–1189, abgerufen am 15. Juni 2011 (englisch, mit Seitenansicht des Motors).
  4. William Pearce: FIAT AS.6 Aircraft Engine (for the MC.72). Old Machine Press, 14. Oktober 2012, abgerufen am 1. Oktober 2017 (englisch).
  5. C. F. Bona: Italian High Speed Airplane Engines. In: National Advisory Committee for Aeronautics (Hrsg.): Technical Memorandums. Nr. 944. Washington Juni 1940 (ntrs.nasa.gov [PDF; abgerufen am 17. Januar 2015] italienisch: I motori italiani per gli apparecchi di alta velocita. Rom 1935. Übersetzt von S. Reiss, Zeitgenössischer Bericht, 39 Seiten mit Tabellen und Bildern).
  6. Editorial Comment. (PDF) Schneider Tragedies and Prospects. In: FLIGHT, AUGUST 7, 1931. Flight International, 7. August 1931, S. 777, archiviert vom Original am 20180507; abgerufen am 25. April 2021 (englisch): „On Sunday […], Capt. Giovanni Monti, of the Italian Schneiderteam, crashed with his seaplane into waters of Lake Garda and was killed.“
  7. Airisms from the Four Winds. (PDF) Italian Schneider Pilot Killed. In: FLIGHT, SEPTEMBER 18, 1931. Flight International, 18. September 1931, S. 960, archiviert vom Original am 7. Mai 2018; abgerufen am 25. April 2021 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.flightglobal.com

На других языках


- [de] Fiat AS.6

[en] Fiat AS.6

The Fiat AS.6 was an unusual Italian 24-cylinder, liquid-cooled V configured aircraft racing engine designed and built in the late-1920s by Fiat especially for the Schneider Trophy air races, but development and running problems meant that it was never able to compete. Although the engine suffered from technical problems, it was later used to set a speed record for piston-powered seaplanes that still stands today.[1]

[fr] Fiat AS.6

Le Fiat AS.6 est un moteur d'avion italien 24 cylindres en V à refroidissement liquide conçu et construit à la fin des années 1920 par Fiat pour des courses aériennes, en particulier la Coupe Schneider. Les problèmes en cours de développement firent qu'il ne fut jamais en mesure de concourir pour la coupe. Bien que souffrant de problèmes techniques, ce moteur permit d'établir un record de vitesse pour un hydravion à pistons qui demeure invaincu à ce jour[1].

[it] Fiat AS.6

Il Fiat AS.6 era un motore aeronautico da competizione derivato dal Fiat AS.5, composto da 2 motori V12 montati coassiali e controrotanti fra loro che generano un 24 cilindri a V raffreddato a liquido, progettato dall'ingegner Tranquillo Zerbi per conto dall'azienda italiana Fiat Aviazione negli anni trenta. Messo a punto successivamente dall'ingegner Armando Palanca, il quale permise di raggiungere la massima potenza in totale affidabile sicurezza.



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