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Die Lissunow Li-2 (russisch Лисунов Ли-2, NATO-Codename: „Cab“) ist ein in der Sowjetunion hergestelltes zweimotoriges Passagier- und Transportflugzeug, das eine Lizenzversion der US-amerikanischen Douglas DC-3 ist und im Zweiten Weltkrieg in großem Umfang zum Einsatz kam. In anderen Quellen findet sich häufig auch die Schreibweise Lisunow Li-2. Die von zwei Kolbenmotoren angetriebene Li-2 verfügt nicht über eine Druckkabine.

Lissunow Li-2

Eine Lissunow Li-2 in Malév-Bemalung
TypTransportflugzeug
Entwurfsland

Sowjetunion 1923 Sowjetunion

Hersteller Werk Nr. 84 in Chimki, ab 1941 in Taschkent
Indienststellung 1939
Produktionszeit

1938–1952

Stückzahl 6157 oder 4937 (je nach Quelle)

Geschichte


Im Jahre 1937 erwarb die Sowjetunion die Lizenzrechte für die US-amerikanische DC-3. Unter der Leitung von Boris Lissunow wurde eine Entwicklungstruppe beauftragte, diesen Typ auf sowjetische Anforderungen zuzuschneiden. Die Gruppe, zu der unter anderem auch Wladimir Mjassischtschew und Michail Gurewitsch gehörten, war schon ein Jahr zuvor in die USA gereist, um entsprechende Verhandlungen zu führen. Daraufhin wurden die gesamten Abmessungen der DC-3 in das metrische System übertragen. So entstand die PS-84 (Passaschirski Samoljot, Passagierflugzeug, 84 ist die Nummer des Herstellerwerkes), die eine etwas verkleinerte Spannweite sowie eine etwas erhöhte Leermasse aufwies, außerdem wurde die Seitentür auf die rechte Rumpfseite verlegt. Zudem wurden leistungsschwächere 1000-PS-Motoren verwendet, welche zwar die Höchstgeschwindigkeit gegenüber der DC-3 erheblich verringerten, dafür aber die Reichweite um über 400 Kilometer erhöhten.

Im Jahr 1938 begann der Serienbau in Chimki bei Moskau. Ab Mitte 1939 wurde die PS-84 bei der Aeroflot in Dienst gestellt und blieb bis 1947 das wichtigste Verkehrsflugzeug dieser Luftfahrtgesellschaft. Im Laufe ihrer Einsatzzeit wurde die Zahl der zu befördernden Passagiere von 14 auf maximal 28 erhöht.

Als das Deutsche Reich 1941 die Sowjetunion angriff, erhielten viele PS-84 auf dem Rumpfrücken einen drehbaren UTK-1-Waffenstand mit einem 7,62-mm-MG SchKAS, später mit einem 12,7-mm-MG UBK und ab 17. September 1942 die Bezeichnung Li-2. Während des Krieges war die Li-2 das Standard-Transportflugzeug der Sowjetunion und übernahm auch Aufgaben zur Partisanenversorgung in den besetzten Gebieten, das Absetzen von Fallschirmjägern (Li-2D) sowie den Transport von Verwundeten.

Eine als Li-2WW (Wojenny Wariant, militärische Variante) bezeichnete Ausführung erhielt im Bug sowie in zwei speziell modifizierten Luken beiderseits des Rumpfes je ein als Abwehrbewaffnung vorgesehenes SchKAS-MG und wurde als Frontbomber eingesetzt. Dazu bekamen die Li-2 äußere Waffenstationen für bis zu vier 250-kg-Bomben. Häufig wurden im Rumpfinneren zusätzlich noch leichtere Bombenkaliber mitgeführt, die von der Besatzung einfach aus der Frachtluke geworfen wurden.

Nach dem Kriegsende wurden die Li-2 wieder zu normalen Transportflugzeugen zurückgerüstet und auch in Staaten des Ostblocks eingesetzt, so auch in der VR Polen, wo sie als Li-2T(sb)-Übungsbombenflugzeuge bis 1960 Verwendung fanden. Die in Jugoslawien eingesetzten Maschinen erhielten Pratt & Whitney R-1830-Motoren und die Bezeichnung Li-3. In der UdSSR wurden die Maschinen durch die Il-12 abgelöst, allerdings flogen sie bei der Polarluftflotte noch bis in die 1970er Jahre hinein.[1] 1956 entstand noch die als Wetterflugzeug für große Höhen konzipierte Li-2W.

Gebaut wurden nach sowjetischen Angaben 4.937 Li-2.[2]


Konstruktion


Die Li-2 war ein in Ganzmetallbauweise produzierter freitragender Tiefdecker mit einem rechteckigen dreiholmigen Mittelflügel und trapezförmigen Außenflügel mit hydraulischen Landeklappen. Das Leitwerk war ebenfalls freitragend und in Normalbauweise. Das Heckfahrwerk war einziehbar, wobei die Haupträder nur zur Hälfte in die Triebwerksgondeln eingefahren werden konnten. Im Winter war die Umrüstung auf Schneekufen möglich.


Li-2 heute


Möglicherweise wird die Li-2 von der nordkoreanischen Luftwaffe bis heute eingesetzt. Angeblich sind diese Flugzeuge auf dem Flugplatz „Sondok“ stationiert, was man über Satellitenfotos nachweisen kann. Ob es sich hierbei tatsächlich um flugfähige Flugzeuge vom Typ Li-2 handelt, ist nicht mit letzter Sicherheit zu sagen.

Zurzeit befindet sich noch eine weitere Li-2 in Europa im flugfähigen Zustand. Nach fünfjähriger Restaurierung durch einen privaten Verein dient sie während der Sommermonate touristischen Rundflügen, außerdem ist sie gelegentlich bei Messen (wie z. B. der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung Berlin und der Aero Friedrichshafen) in ganz Europa zu Gast. Sie trägt das Kennzeichen HA-LIX und ist auf dem Flugplatz Budaörs, einem Vorort von Budapest, stationiert. Insgesamt fünf Piloten haben heute (2006) eine Musterberechtigung (das sog. Typerating) für die Maschine; diese wurde aufgrund von alten Erfahrungen ehemaliger Li-2-Piloten, sowie aus noch vorhandenen und teilweise in russischer Sprache und handschriftlich erhaltenen Handbüchern, extra neu festgelegt.

Bemerkenswert ist, dass dieses Flugzeug bis auf neue zeitgemäße Funkgeräte und einen nachgerüsteten GPS-Empfänger noch vollständig mit originaler Instrumentenausrüstung fliegt.

Obwohl es sich um einen lizenzierten Nachbau handelt, hat das Flugzeug in der Praxis nur wenig mit einer DC-3 gemeinsam. Die Flugleistungen sind aufgrund anderer (deutlich leistungsschwächerer) Motoren wesentlich geringer, die russische Instrumentierung erfordert eine besondere Einweisung und das gesamte Fluggerät unterscheidet sich in sehr vielen Details ebenfalls von seinem amerikanischen Pendant. Daher ist auch die Ersatzteilbeschaffung mit Neuteilen zunehmend problematisch. In Budaörs befinden sich noch drei weitere Li-2, von denen zumindest zwei als Ersatzteilspender dienen.

Eine weitere Maschine wurde ebenfalls in Budaörs zur späteren Ausstellung in einem Museum restauriert, ist jedoch nicht flugfähig. Vor dem Terminal-2-Gebäude des Budapester Flughafens Ferihegy befindet sich ein kleines Open-Air-Museum, in dem neben anderen Exponaten noch eine weitere Li-2 ausgestellt ist. Dabei handelt es sich um ein ehemaliges Militärflugzeug, welches nun jedoch, aufgrund des hauptsächlichen Sponsors dieses Museums, in der Malév-Bemalung erscheint.

Zahlreiche Flugzeuge desselben Typs sind noch in diversen anderen Museen zu besichtigen, so zum Beispiel in Moskau (Monino), Kiew und Krakau.


Varianten


Lissunow Li-2 im Museum in Minsk
Lissunow Li-2 im Museum in Minsk
Cockpit einer Li-2
Cockpit einer Li-2
Sowjetunion
PS-84 Ursprüngliches Passagierflugzeug (Passascherski Samoljot) mit 14 bis 28 Sitzplätzen. Im Unterschied zur DC-3 etwas kleinere Spannweite, etwas höhere Leermasse, Seitentür auf der rechten Seite und schwächere Motoren
Li-2 Militärisches Transportflugzeug mit nachgerüsteter Abwehrbewaffnung (Bezeichnung ab 17. September 1942)
Li-2D Version der Li-2 zum Absetzen von Fallschirmjägern (1942)
Li-2WW Bomberversion (Wojenny Wariant) der Li-2 (1942)
Li-2W Als Wetterflugzeug konzipierte Version der Li-2 für große Höhen (1956)
Jugoslawien
Li-3 Li-2 mit nachgerüsteten US-Originalmotoren der DC-3 vom Typ Pratt & Whitney R-1830
Polen
Li-2T(sb) Übungsbombenflugzeuge auf Basis der Li-2

Zwischenfälle


Während der Betriebszeit der Li-2 kam es bis Oktober 2017 zu 197 bekannt gewordenen Totalverlusten (zuletzt 2004). Dabei starben 1108 Menschen.[3] Diese Liste ist unvollständig und wurde erst begonnen (November 2017). Beispiele:


Technische Daten


Passagierkabine einer Li-2
Passagierkabine einer Li-2
Li-2 2014 auf dem Flughafen von Salzburg
Li-2 2014 auf dem Flughafen von Salzburg
Dreiseitenriss
Dreiseitenriss
Kenngröße PS-84[7] Li-2WW[8]
Besatzung45–6
Passagiere14–24keine
Länge19,65 m
Spannweite28,81 m
Höhe5,15 m
Flügelfläche91,70 m²
Flügelstreckung9,1
Fahrwerkspurbreite5,63 m
Leermasse7700 kg7650 kg
Zuladung3000 kgk. A.
Startmasse10.700 kg11.700 kg
Reise-(Marsch)geschwindigkeitmax. 220 km/h240 km/h
Höchstgeschwindigkeit280 km/h270 km/h
Landegeschwindigkeit110 km/h108 km/h
Steigleistung5 m/sk. A.
Flächenbelastung116,6 kg/m²k. A.
Leistungsbelastung5,3 kg/PSk. A.
Start-/Landerollstrecke400 m / 390 m
Dienstgipfelhöhe5600 m
Reichweitemax. 2200 km
mit voller Nutzlast 1200 km
2200 km
Triebwerkezwei luftgekühlte Neunzylinder-Sternmotoren-M-62IR
LeistungStartleistung je 735,5 kW (1.000 PS)
Dauerleistung je 618 kW (840 PS)
Tankinhalt3110 lk. A.
Bewaffnungkeinedrei 7,62-mm-MG SchKAS
ein 12,7-mm-MG UBK
RS-82 oder RS-132 Luft-Boden-Raketen unter den Flügeln
bis zu 1000 kg Bomben
Bombenlastkeinenormal 1000 kg
max. 2000 kg bei Kurzstrecken

Siehe auch




Commons: Lisunov Li-2 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Ulrich Langer: Luftfahrtdaten 1976. In: Flieger-Jahrbuch 1978. Transpress, Berlin 1977, S. 165.
  2. Jennifer M. Gradidge: The Douglas DC-1/DC-2/DC-3: The First Seventy Years, Volumes One and Two. Tonbridge, Kent, UK: Air-Britain (Historians) Ltd., 2006, ISBN 0-85130-332-3, S. 20.
  3. Unfallstatistik Lisunov Li-2, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 10. November 2017.
  4. Unfallbericht Li-2 SP-LKA, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 10. November 2017.
  5. Unfallbericht Li-2 CCCP-L4314, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 10. November 2017.
  6. Unfallbericht Li-2P LZ-TUE, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 9. Februar 2021.
  7. Heinz A. F. Schmidt: Sowjetische Flugzeuge. Transpress, Berlin, S. 58.
  8. Wilfried Kopenhagen: Sowjetische Bombenflugzeuge. Transpress, Berlin 1989, ISBN 3-344-00391-7, S. 150.

На других языках


- [de] Lissunow Li-2

[en] Lisunov Li-2

The Lisunov Li-2 (NATO reporting name: Cab), originally designated PS-84, was a license-built Soviet-version of the Douglas DC-3. It was produced by Factory #84 in Moscow-Khimki and, after evacuation in 1941, at TAPO in Tashkent. The project was directed by aeronautical engineer Boris Pavlovich Lisunov.

[fr] Lissounov Li-2

Lissounov Li-2 (Code OTAN : Cab) est le nom donné en URSS au bimoteur américain Douglas DC-3, produit sous licence. Appelé initialement PS-84, cet avion de transport a été renommé Lissounov Li-2 en 1942[réf. nécessaire] pour honorer l'ingénieur qui fut chargé d'organiser sa production et de l'adapter aux besoins de l'URSS. À la fin de la Seconde Guerre mondiale, un certain nombre de ces appareils furent distribués aux pays alliés de l'URSS, et l'OTAN donnera le nom de code Cab aux Li-2 et DC-3 utilisés par ces pays.

[it] Lisunov Li-2

Il Lisunov Li-2 (in russo: Лисунов Ли-2?, nome in codice NATO "Cab"[3]) è un bimotore da trasporto passeggeri ad ala bassa realizzato in Unione Sovietica a partire dai tardi anni trenta, a seguito dell'acquisizione di regolare licenza del progetto del Douglas DC-3, inizialmente sotto la direzione dell'ingegnere aeronautico Vladimir Michajlovič Mjasiščev e successivamente sotto quella di Boris Pavlovič Lisunov.

[ru] Ли-2

Ли-2 (обозначение НАТО: cab — кэб, сокращение от «кабриолет») — советский поршневой пассажирский и военно-транспортный самолёт времён Второй мировой войны средней дальности, выпускаемый по лицензии на выпуск Douglas DC-3, США. Строился в СССР до 1953 года[1]. Широко эксплуатировался в МГА СССР — «Аэрофлотом», в подразделениях МО и МАП СССР. В годы Великой Отечественной войны применялся для транспортно-пассажирских перевозок, для полётов за линию фронта к партизанам и диверсионным группам, для выброски парашютных десантов и как дальний ночной бомбардировщик. Самолёт оказался надёжен, освоен, пользовался популярностью. Поставлялся из СССР на экспорт. В СССР Ли-2 списан в середине 1970-х годов.



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