Die Lilium N.V., ist ein börsennotiertes Luftfahrtunternehmen mit rechtlichem Sitz in Amsterdam und zentralem Standort in Weßling (bei München).[4] Es entwickelt ein senkrecht startendes und landendes Luftfahrzeug (eVTOL), den Lilium Jet in verschiedenen Versionen.[5]
Lilium N.V. | |
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Rechtsform | N.V. |
ISIN | NL0015000F41 |
Gründung | 2015 (als GmbH) |
Sitz | Amsterdam, Niederlande![]() |
Leitung | Klaus Roewe |
Mitarbeiterzahl | > 600 (2022)[1] |
Umsatz | 97.000 € (2020)[2][3] |
Branche | Luft- und Raumfahrt |
Website | lilium.com |
Lilium ist in einer Ableitung nach dem deutschen Flugpionier Otto Lilienthal benannt und wurde 2015 von den Ingenieuren und Doktoranden der Technischen Universität München Daniel Wiegand, Sebastian Born, Patrick Nathen und Matthias Meiner gegründet.[6][7][8]
Im April 2017 präsentierte das Unternehmen auf dem "Uber Elevate Summit" in Dallas (USA) ein Video das ihren Prototypen im Flug zeigte. Diese Veranstaltung gilt für Daniel Wiegand als Gang an die Öffentlichkeit.[9]
Anfang 2019 führte Lilium Gespräche mit den Schweizerischen Bundesbahnen SBB über den Einsatz des Lufttaxis als Verkehrsmittel zwischen einem Bahnhof und dem Wohnort eines Passagiers. Es wurde daraufhin eine Kooperation vereinbart.[10] Im selben Jahr gründete Lilium in London ein Zentrum zur Entwicklung der Service-Software der elektrischen Lufttaxis.[11] Im selben Jahr wurde eine erste Produktionshalle mit 3000 m² Fläche neben der Firmenzentrale auf dem historischen Dornier-Standort in Weßling fertiggestellt.[12] Ebenfalls 2019 wurde Christopher Delbrück, vorheriger Chief Financial Officer von Uniper, neuer CFO.[13]
Im November 2020 wurde eine Forschungskooperation mit dem Lehrstuhl für Elektromobilproduktion (PEM) der RWTH Aachen zur Planung der Produktion bekannt. Innerhalb des Projekts SPRIT (Series Production of Individual Flight Transportation Systems) – gefördert durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen des Förderaufrufs "UAS und Flugtaxis" – wird das Produktionssystem entwickelt.[14] Im Dezember desselben Jahres kündigten Lilium und Lufthansa Aviation Training ein gemeinsames „Pilotenauswahl- und Trainingsprogramm“ an.[15]
Im März 2021 gab das Unternehmen bekannt, auch an der Entwicklung eines Siebensitzers zu arbeiten.[16] Im August 2021 wurde bekannt, dass die brasilianische Fluglinie Azul eine Absichtserklärung über den Kauf von 220 dieser Flugzeuge unterzeichnet hat. Dies könnte der erste Großauftrag für Lilium werden.[17]
Das Unternehmen wurde anfänglich vom Business Incubation Centre Bayern der ESA unterstützt.[18][19] Nach einer zweiten Finanzierungsrunde im September 2017 über 90 Millionen US$ lagen die Investitionen bei über 100 Millionen US$. Zu den Investoren gehören der Technologiefonds Atomico des Skype-Gründers Niklas Zennström, das chinesische Internetunternehmen Tencent, die LGT Group, sowie Freigeist Capital, eine private Investorengruppe des Unternehmers Frank Thelen.[20]
Im März 2020 wurde eine neue Finanzierungsrunde im Wert von US-Dollar 240 Mio. abgeschlossen.[21] Weitere 30 Mio. US-Dollar wurden durch den Finanzinvestor Baillie Gifford einige Monate später bereitgestellt.[22] Die Gesamtinvestitionen betrugen somit zu diesem Zeitpunkt insgesamt mehr als 375 Mio. US-Dollar.[23]
Ende März 2021 veröffentlichte das Unternehmen die Absicht, durch die Fusion mit einer SPAC an der amerikanische Technologiebörse NASDAQ zu notieren. Im Rahmen des SPAC-Börsenganges verkündete Lilium eine Partnerschaft mit dem amerikanischen Luftfahrtzulieferer Honeywell, der Avionikkomponenten liefern soll und gleichzeitig Aktien an Lilium zeichnen will.[24]
Im Juli 2021 wurde nach Recherchen der Welt am Sonntag bekannt, dass das Unternehmen seine Bilanz korrigieren musste.[25] Nach der Neuberechnung beträgt der Anlaufverlust für 2019 nicht mehr 42,8 Millionen Euro, sondern 75,4 Millionen Euro. Es wurde ein Risikohinweis zum Fortbestand des Unternehmens kommuniziert. Die Fusion mit der SPAC Qell erfolgte im September 2021 und am 15. September die Erstnotiz als Lilium N.V. an der NASDAQ.[26]
Zum Zeitpunkt des Börsenganges hatte das Unternehmen erhebliche Verluste und keinen nennenswerten Umsatz; so betrug der Verlust für das Geschäftsjahr 2020 insgesamt 188 Millionen Euro.[2] Dennoch wurde das Unternehmen mit 2,4 Mrd. US-Dollar bewertet (nach Zuführung von ca. 430 Mio. Euro an Liquidität).[2] Der SPAC fusionierte mit Lilium im September 2021; dabei wurde die Gesellschaft in eine niederländische N.V. umgewandelt. Am 15. September erfolgte die Erstnotiz.[27]
Für das Jahr 2021 wurde ein Mittelabfluss von 217 Mio. € und eine verbleibende Liquidität von 400 Mio. € berichtet.[28]
Im Oktober 2022 berichtete das Unternehmen für das erste Halbjahr 2022 einen Verlust von 123,7 Mio. €. Der Gesamtverlust seit Unternehmensgründung wurde auf 841 Mio. € beziffert. Zum 1. Juli 2022 bestand eine Liquidität von ca. 230 Mio. €.[29] Im November 2022 verschaffte sich das Unternehmen durch eine Kapitalerhöhung 119 Mio. US$ zusätzliche Finanzierung.[30]
Daniel Wiegand ist Mitgründer und war bis Ende Juli 2022 geschäftsführender Vorstand. Dem Leitungskreis gehören darüber hinaus Remo Gerber (Betriebsleiter), Dirk Gebser (Produktionsleiter), Geoffrey Richardson (Leiter Finanzen),[31] Alastair McIntosh (Technikchef),[32] Yves Yemsi (Programmchef)[33] sowie Anja Maassen van den Brink (Leiterin Personal)[34] an. Ab 1. August 2022 wurde Klaus Roewe neuer CEO des Unternehmens.[35]
Der Beirat besteht neben Daniel Wiegand aus Niklas Zennström, Frank Thelen, David Wallerstein und Tom Enders.[36][37]
Der unternehmerische Schwerpunkt von Lilium liegt in der Entwicklung und Produktion des Lilium Jets, einem 30-motorigen, elektrisch angetriebenen, senkrecht startend und landenden Luftfahrzeug (eVTOL) für sechs Passagiere und einen Piloten. Eine autonom fliegende Weiterentwicklung ist geplant.
Es ist angedacht, Nordrhein-Westfalen zu einer Modellregion für Flugtaxis zu entwickeln. Die Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn seien als internationale Verkehrsknotenpunkte geeignet für Flugtaxis.[38] Die beiden Flughäfen wollen dazu mit Lilium als Partner an Umsetzungskonzepten arbeiten.[39] Im April 2021 verkündete Lilium an einem Netzwerk in Bayern zu arbeiten, bei dem die Flughäfen München und Nürnberg zu Knotenpunkten werden sollen.[40]
Bis 2025 will Lilium in die USA, nach Lake Nona, expandieren. Eine Vereinbarung mit der Stadt Orlando und dem Unternehmen Tavistock wurde getroffen. Das Ziel ist, das erste städtische und regionale Luftmobilitätsnetz der USA aufzubauen.[41] Auch ein Vertiport ist dort geplant.[42]
Mit Netjets und FlightSafety International wurde im März 2022 eine Grundsatzvereinbarung abgeschlossen. Netjets will bei Bedarf bis zu 150 Lilium Jets kaufen und ein Geschäftsmodell für den Betrieb der eVTOLs entwickeln. FlightSafety International wird Ausbildungs- und Trainingspartner.[43][44]
Lilium gewann 2018 den »Early Stage Company of the Year Award« (Preis des Jahres für ein Unternehmen im frühen Stadium), gestiftet von der Cleantech Group (CTG).[45]
Im Januar 2020 veröffentlichte der Aerokurier einen Bericht, in dem es hieß, dass Lilium die angegebenen Leistungsziele des Flugzeugs nicht erreichen könne und nur zwei Minuten am Stück fliegen könne.[46][47] Der anonym verfasste Bericht wurde vom Unternehmen zurückgewiesen, später jedoch von vier deutschen Luft- und Raumfahrtwissenschaftlern bestätigt, die schrieben, dass Lilium „mit brillanter PR eine Scheinwelt schaffe, um Investoren anzulocken“[48]. Auch Der Spiegel (online) veröffentlichte einen Artikel zu dem Thema.[49]
Im Februar 2021 veröffentlichte Forbes einen Artikel, in dem mehrere ehemalige Mitarbeiter zitiert wurden und in dem es hieß, dass die Entwicklung des Lilium-Flugzeugs von Problemen geplagt war und die Flugtestkampagne nur minimale Fortschritte machte".[50]