Arrow (englisch für: „Pfeil“, ursprünglicher hebräischer Name: חץ, „Chetz“) ist ein Raketenabwehrsystem israelischer Produktion. Es ist die erste Abwehrrakete des Landes, die unter der Vorgabe konstruiert wurde, Boden-Boden-Raketen abzufangen und zu zerstören, und das erste antiballistische System, das in der Stratosphäre einsetzbar ist.
Arrow Bild: Start einer Arrow 2 | |
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Allgemeine Angaben | |
Typ | Anti-Raketen-Rakete |
Hersteller | IAI, IMI und Tadiran |
Entwicklung | 1986 |
Stückpreis | 3 Millionen USD |
Technische Daten | |
Länge | 7,50 m |
Durchmesser | 800 mm |
Gefechtsgewicht | 2.000 kg |
Antrieb Erste Stufe Zweite Stufe |
Feststoffrakete Feststoffrakete |
Geschwindigkeit | Mach 9,0 (2.500 m/s) |
Reichweite | 100 km |
Ausstattung | |
Zielortung | Trägheitsnavigationsplattform plus halbaktive Radarzielsuche |
Gefechtskopf | Splittergefechtskopf |
Zünder | Näherungszünder |
Listen zum Thema |
Das Arrow-System dient zum Abfangen von Lang- und Mittelstreckenraketen.[1] Es ist neben David’s Sling und Iron Dome eines der drei Flugabwehrsysteme Israels.
Das Projekt zum Bau einer antiballistischen Rakete basiert auf einem israelisch-amerikanischen Beschluss vom 6. Mai 1986,[2] der vor allem die Kofinanzierung des Projektes regelte, dessen Kosten man auf mehrere Milliarden US-Dollar schätzte. Bis heute beläuft sich der amerikanische Anteil auf schätzungsweise 2 Milliarden Dollar. Das Interesse der Reagan-Regierung lag in der Einbindung Israels in das SDI-Programm.
Das israelische Verteidigungsministerium beauftragte ein Konsortium, das eine große Bandbreite israelischer Unternehmen wie Israel Military Industries, Tadiran, Israel Aircraft Industries u. ä. umfasste, mit der Entwicklung der Arrow. Das Programm wurde auch von den US-Unternehmen Raytheon und Boeing mitentwickelt.
1996 wurde das Programm Arrow 2 gestartet. Es ist wesentlich leistungsstärker als das Vorgängermodell und hat einen höheren Automatisierungsgrad. Das System kann u. a. mit Aufklärungsdaten von US-Satelliten versorgt werden, die einen feindlichen Raketenstart frühzeitig entdecken sollen. Ebenso kommt ein neuer Lenkwaffentyp zum Einsatz, der eine größere Reichweite und eine Fluggeschwindigkeit von bis zu 3 km/s hat. Eine Arrow-2-Batterie soll gleichzeitig bis zu 14 Ziele bekämpfen können. Im März 2000 übernahmen die israelischen Streitkräfte die erste Arrow-2-Batterie.
Der erste Test des Arrow-Systems fand am 14. Mai 2000 auf der Palmachim Airbase in Zentralisrael an der Mittelmeerküste statt. Beim ersten Testschuss mit dem Arrow-2-System am 27. August 2001 zerstörte eine Arrow 2 Ziele in 100 km Höhe.
Am 29. Juli 2004 wurde eine Arrow-Rakete bei einer Übung mit Erfolg gegen eine reale SCUD-Rakete abgefeuert. Die Scud wurde punktgenau getroffen. Der damalige israelische Verteidigungsminister Shaul Mofaz sagte dazu:
“This is a central plank of Israel's defense ability. The success of the test is further proof of the technological superiority of the Israeli Defense Industries”
„Dies ist ein integraler Bestandteil der israelischen Fähigkeit, sich zu verteidigen. Dieser Erfolg ist ein weiterer Beweis der technologischen Überlegenheit der israelischen Rüstungsindustrie.“[3]
Im August 2008 kündigte die israelische Regierung die Entwicklung von Arrow 3 an. Das überarbeitete System soll wesentlich flexibler einsetzbar sein. Der neue Lenkwaffentyp soll primär feindliche Raketen durch einen direkten Treffer (englisch: „Hit-To-Kill“) zerstören, da so eine sichere Zerstörung des Gefechtskopfes gewährleistet ist. Zusätzlich hat die Arrow 3 einen Splittersprengkopf mit Näherungszünder; dieser kann auch bei knappen Vorbeiflügen das Ziel vernichten. Mit der Arrow 3 sollen Ziele auf Distanzen von bis zu 2400 km[1][4] bis in eine Höhe von 100 km bekämpft werden können. Am 27. Juli 2011 wurde das Arrow-3-System erstmals getestet. Der erste Schießversuch mit einer Arrow 3 erfolgte am 24. Januar 2012. Im Januar 2017 war sie schließlich einsatzbereit und wurde u. a. auf der Luftwaffenbasis Sdot Micha installiert.[5][6] Im Juli 2019 fanden drei erfolgreiche Tests auf dem Pacific Spaceport Complex auf der Insel Kodiak vor Alaska statt.[7][8]
Am 19. Februar 2021 gaben Israel und die US-Regierung (Kabinett Biden) den Beginn der Entwicklung der Abfangrakete Arrow 4 bekannt. Sie werde die Fähigkeiten der Arrow 3 noch verbessern und in den kommenden Jahrzehnten die Arrow 2 ersetzen.[9]
Das Startsystem umfasst die Raketen, ein Kontrollsystem namens Yellow Citron und eine Radaranlage des Typs IAI EL/M-2080 Green Pine. Die Lenkwaffensteuerung erfolgt mit dem Green-Pine-Radar. Das Ziel wird vom Feuerleitradar der Lenkwaffenbasis markiert, und die Rakete findet durch die reflektierte Radarenergie ins Ziel. Die Rakete fliegt also auf das vom Bodenradar beleuchtete Ziel und hat selbst kein aktives Radar. Die Lenkwaffe wird mit einem initial angenommenen bzw. berechneten Treffpunkt gestartet. Spätere Kurskorrekturen werden durch das Bodenradar ermittelt und an die Lenkwaffe gesendet. Kommt das Flugziel in den Ansprechradius des Näherungszünders, wird der Splittergefechtskopf gezündet. Dieser hat einen effektiven Wirkungsradius von über 50 m.
Zwischen den USA und Israel haben sich seit der Jahrtausendwende mehrmals Spannungen ergeben, da sich unter anderem die Türkei und Indien verstärkt um den Erwerb des Abwehrsystems bemühen. Die USA vergeben militärische Entwicklungshilfe unter der Auflage, dass daraus erfolgende Projekte exklusiv den US-amerikanischen Industrien, Politik und Militär zukommen und dass alle Schritte mit den USA abgestimmt werden. Konflikte ergaben sich aus der Tatsache, dass Israel mehrmals versucht hat, Interessenten auf Umwegen den Zugang zu Teilen des Arrow-Programms zu ermöglichen; dies wurde publik.
Die deutsche Bundesregierung prüft angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine, der am 24. Februar 2022 begann, den Kauf eines Arrow-3-Systems. Da es marktverfügbar sei, könnte es bereits 2025 einsatzfähig sein. Für den Raketenschutzschirm würden an drei Standorten in Deutschland Flugkörper-Radarsysteme vom Typ Super Green Pine aufgestellt, die ihre Daten an das Combined Air Operations Centre Uedem senden. Dieses würde von einem der im Bundesgebiet verteilten Startgeräte eine Arrow-3-Rakete starten, um die Angreiferrakete abzufangen und zu zerstören. Der Schutzschirm könne auch Polen, Rumänien und/oder das Baltikum abdecken. Die Nachbarländer müssten dann Arrow-3-Raketen kaufen; das Radarbild würde Deutschland liefern. Laut einem Bericht der Zeitung The Jerusalem Post vom 5. April 2022 haben Israel und die Vereinigten Staaten grundsätzlich einem Verkauf des Systems Arrow 3 an Deutschland zugestimmt.[10]
Im März 2017 brachte die israelische Armee zum ersten Mal eine Arrow 2 in einem Ernstfall zum Einsatz: Eine S-200-Luftabwehrrakete, die von den Streitkräften Syriens als Reaktion auf einen israelischen Luftangriff abgefeuert worden war, lange nachdem die Flugzeuge Syrien wieder verlassen hatten, wurde abgeschossen. Die Explosion, als die Arrow die S-200 traf, war in weiten Teilen Israels und im Westjordanland zu hören. Wäre die S-200-Rakete nicht bekämpft worden, wäre sie auf israelischem Gebiet eingeschlagen.[11]