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Die Tallboy-Bombe (von englisch tall boy „großer Junge“) war eine Fliegerbombe der Royal Air Force (RAF) und wurde von dem britischen Ingenieur Barnes Wallis entwickelt, darf aber nicht mit der namensähnlichen Little Boy verwechselt werden. Sie war eine bunkerbrechende Waffe. Die offizielle Bezeichnung lautete D.P.12000 lb (Deep Penetration, 12.000 Pfund). Mit einem Gewicht von 5,4 Tonnen, davon 2,4 t hochbrisanter Sprengstoff mit einem Äquivalent von 3,6 t TNT[1], sowie einem Verzögerungs- bzw. Langzeitzünder war sie speziell für den Einsatz gegen stark befestigte Betonbauten und Bunker konzipiert worden, gegen die sich kleinere Bomben als unzureichend erwiesen hatten. Ab Frühjahr 1944 wurden insgesamt 854 Bomben an die Verbände der RAF ausgeliefert. Im November 1944 brachten mehrere Tallboys das deutsche Schlachtschiff Tirpitz zum Kentern.

Tallboy-Bombe
Tallboy-Bombe
Mahnmal Tallboy Krumpa
Mahnmal Tallboy Krumpa

Geschichte


Im Bewusstsein, dass der Feind durch Zerstörung seiner Infrastruktur und Fertigungsstätten empfindlich geschwächt werden würde, entwickelte Barnes Wallis bereits zu Beginn des Zweiten Weltkriegs fortschrittliche Bombentypen auf Basis einzelner überschwerer Bomben.

Schon vor dem Krieg hatte er die Idee einer Zehn-Tonnen-Bombe, die nach dem „Erdbebenprinzip“ arbeitete, in seiner Studie A Note on a Method of Attacking the Axis Powers (etwa „Notiz über eine Möglichkeit, die Achsenmächte anzugreifen“) vorgestellt.

Seine Berechnungen zeigten, dass eine sehr große Bombe, die in der Nähe eines Ziels unterirdisch detoniert, eher ein „camouflet“, eine unterirdische, durch eine Explosion verursachte Höhlung statt eines Kraters verursachen würde. Dadurch würde fast die gesamte Energie der Explosion vom Erdboden aufgenommen, und über die Fundamente würde ein deutlich höherer Anteil der Explosionsenergie als Schockwelle auf das Ziel einwirken als bei Explosionen an der Oberfläche, bei denen ein Großteil des Explosionsdruckes in die Atmosphäre entweicht und (mehr oder weniger wirkungslos) verpufft.

Die Tragekapazität britischer Vorkriegsbomber war damals bei weitem zu gering für derart schwere Waffen. Ab 1939 machte die Flugzeugmotoren-Technik schnelle Fortschritte: Es war wichtig, welche Flugzeuge schneller und/oder höher fliegen konnten als die gegnerischen beziehungsweise mit welchen Flugmanövern zum Beispiel Bomber reagieren konnten, die von gegnerischen Jagdflugzeugen angegriffen wurden.

Wallis kehrte in den 1940er Jahren zu seinen Entwürfen für die „Erdbebenbomben“ zurück, als die von ihm entwickelte Rollbombe erfolgreich gegen deutsche Staudämme eingesetzt werden konnte (Operation Chastise, Mai 1943) und in der Folge das Interesse an gezielten strategischen Einsätzen stark zunahm.

Im Vorfeld der geplanten Landung in der Normandie (Juni 1944) hatte die Royal Air Force (RAF) ein offenes Ohr für visionäre Gedanken, da sie eine geeignete Waffe benötigte, um weitere große zivile Bauwerke (wie beispielsweise Tunnel und Brücken), schwer gepanzerte Ziele (zum Beispiel Schlachtschiffe) und Betonbauten (Bunker) ausschalten zu können. Sie wollte Ziele am Atlantikwall (zum Beispiel U-Boot-Bunker und Küstenstädte, die Hitler zu „Festungen“ erklärt hatte) entscheidend treffen.

Auch 1943 hatte die RAF noch keine geeignete Plattform zum Einsatz einer zehn Tonnen schweren Bombe. Wallis begann deshalb mit der Entwicklung verkleinerter Versionen, von denen eine die 12.000 lbs schwere Tallboy-Bombe werden sollte.

Die Entwicklung und die Produktion der Waffe(n) erfolgten damals, obwohl weder ein offizieller Auftrag des Ministeriums erteilt noch ein Vertrag abgeschlossen worden war. Die RAF warf also Bomben ab, die sie noch nicht einmal gekauft hatte. Sie waren noch immer Eigentum ihres Herstellers Vickers-Armstrongs. Erst als der Bedarf an einer solchen Waffe erkannt wurde, gab die Führung grünes Licht.

Die Bombe erhielt eine langgezogene aerodynamische Form. Dabei zeigten erste Ausführungen eine Neigung zum Taumeln, was die Zielgenauigkeit, die aufgrund der großen Abwurfhöhe ohnehin beschränkt war, verminderte. Daraufhin wurden die Leitwerke so verändert, dass sie die Bombe in eine Längsrotation versetzten und damit drallstabilisierten.

Wie bei der Grand Slam wurden die Bomberbesatzungen aus Kostengründen angewiesen, nicht abgeworfene Bomben wieder zu den Stützpunkten zurückzubringen und mit den Bomben an Bord zu landen. Im Zweiten Weltkrieg war es den Bomberbesatzungen ansonsten aus Sicherheitsgründen vorgeschrieben, nicht eingesetzte Bomben vor der Landung abzuwerfen.


Technische Daten


Länge6,35 m
Durchmesser950 mm
Gewicht5.443 kg (12.000 lbs)
Gefechtskopf2.358 kg „Torpex D1“ (Torpedo explosive; engl. für Torpedosprengstoff)
Anzahl eingesetzt854

Tallboy-Einsätze



Erhaltene Exemplare


Tallboy im Museum Helgoland
Tallboy im Museum Helgoland

Im U-Boot-Bunker Valentin wird noch heute ein Mantelrest einer Tallboy gelagert und während einer Bunkerführung gezeigt. Da der Bunker nach dem Krieg zu Testzwecken angegriffen wurde, ist unklar, ob es sich um eine Bombe des Angriffs vom 27. März 1945 oder aus den Testangriffen handelt.

Im Ortskern von Krumpa am ehemaligen Treibstoffwerk Lützkendorf kann das vollständige Kopfteil einer Tallboy frei besichtigt werden. Es steht auf einem Sockel gegenüber dem öffentlich zugänglichen Bunker-Denkmal "B134a-Luftschutzbunker Krumpa" und dient als Mahnmal gegen Krieg und Zerstörung. Diese Bombe wurde während des Angriffs vom 8./9. April 1945 abgeworfen.

Auf Helgoland befindet sich eine komplett erhaltene Tallboy im Museumshof der Insel.


Siehe auch




Commons: Tallboy (Bombe) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. DER SPIEGEL: Polens Superbombe - "Tallboy" - der große Junge gesprengt - DER SPIEGEL - Panorama. Abgerufen am 14. Oktober 2020.
  2. Willi Riegert: Heimat unter Bomben. Der Luftkrieg im Raum Steinfurt und in Münster und Osnabrück 1939–1945. Laumann Druck, 2003, ISBN 978-3-89960-235-7.
  3. Gerhard Koop und Klaus-Peter Schmolke: Die Schlachtschiffe der Bismarck-Klasse. S. 60–61.
  4. Axel Frick: Als in Schildesche die Erde bebte – Die Geschichte des Viaduktes, Heka-Verlag Heinz Kameier, Leopoldshöhe 1985, 1. Auflage, 96 Seiten. Auf Seite 66 wird die Einsturzlänge mit "etwa 130 Metern" angegeben.
  5. iswinoujscie.pl: Jest się czego bać. W Świnoujściu znaleziono największy niewybuch w Polsce. Zobacz film! Abgerufen am 20. September 2019 (polnisch).

На других языках


- [de] Tallboy (Bombe)

[en] Tallboy (bomb)

Tallboy or Bomb, Medium Capacity, 12,000 lb was an earthquake bomb developed by the British aeronautical engineer Barnes Wallis and used by the Royal Air Force (RAF) during the Second World War.[lower-alpha 1]

[it] Tallboy

La Tallboy era una bomba a caduta libera di costruzione britannica usata dalla Royal Air Force durante la seconda guerra mondiale. Il suo peso di 12 000 lb (5 443 kg) ne fa una delle più pesanti bombe mai costruite. Essendo sprovvista di sistemi di guida o di freno aerodinamico, arrivava sul bersaglio "in caduta libera".

[ru] Tallboy (бомба)

«Толлбой» (англ. Tallboy «верзила») — сейсмическая бомба, предназначенная для разрушения подземных или защищённых мощными бетонными укрытиями сооружений (бункеров). Разработана английским инженером Бэрнсом Уоллесом (англ. Barnes Wallis). Применялась в конце Второй мировой войны для разрушения промышленных и военных объектов нацистской Германии, которые было невозможно поразить бомбами обычного типа. Для доставки бомбы применялся модифицированный бомбардировщик Авро Ланкастер.



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