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Die Körting-Katastrophe war ein Luftschiffunglück in der Donaumonarchie nahe der Militär-Aëronautischen Anstalt Fischamend. Der Zusammenstoß des k.u.k. Militärluftschiffs M.III Körting mit einem Militärflugzeug und der darauffolgende Absturz beider Fluggeräte forderte neun Todesopfer. Das Unglück leitete das Ende der Ära der k.u.k. Luftschifffahrt ein.[1][2]

Bildbericht über das Flugunglück bei Fischamend (Das interessante Blatt. 25. Juni 1914, S. 1)
Bildbericht über das Flugunglück bei Fischamend (Das interessante Blatt. 25. Juni 1914, S. 1)

Hergang


Am Morgen des 20. Juni 1914 stieg das mit sieben Personen besetzte Luftschiff bei Fischamend auf und fuhr in einer Höhe von 300 Metern gegen den Königsberg. Um, sich gegenseitig überlappende, Geländeaufnahmen mit einem Panoramaapparat nach Theodor Scheimpflug herzustellen, bewegte es sich in Spiralen.[3][4][2] Während das Luftschiff auftragsgemäß Landschaftsaufnahmen machte, näherte sich ein Flugzeug gefährlich nahe. Es wurde von dem Feldpiloten Ernst Flatz gesteuert, der wegen seines fliegerischen Könnens und seiner Tollkühnheit zugleich geschätzt und gefürchtet war.[5] Der mit zwei Personen besetzte Doppeldecker umkreiste das Luftschiff mehrfach. Dabei kam es zum Zusammenstoß. Das Flugzeug neigte sich zur Seite, überschlug sich und stürzte zu Boden. Das Luftschiff schwebte noch einige Sekunden ruhig in der Luft. Unter Hilferufen kletterte die Besatzung an den Befestigungsseilen der als Gondel bezeichneten Passagierkabine nach oben. Diese erprobte Maßnahme diente dazu, im Ernstfall einen Aufprall am Boden zu mindern. Nach einer Stichflamme stürzte auch das Luftschiff unter dichtem, schwarzen Rauch zu Boden.[6]


Ursache


Ehrengrab der verunglückten Militär-Luftschiffer am Wiener Zentralfriedhof: Gruppe 0, Reihe F, Nummer 1 (vis-a-vis der Gräber Gruppe 0, Reihe 0, Nummer 69–71)
Ehrengrab der verunglückten Militär-Luftschiffer am Wiener Zentralfriedhof: Gruppe 0, Reihe F, Nummer 1 (vis-a-vis der Gräber Gruppe 0, Reihe 0, Nummer 69–71)

Nachdem sich das Flugzeug bei kleiner Distanz über das Luftschiff erhob, wurde es niedergedrückt und streifte den Ballon. Anzunehmen ist ein starker Windstoß. Die linke Tragfläche riss aus der Hülle des Ballons ein Stück heraus. Das Füllgas entzündete sich.[3][7][2] Das Flugzeug wurde durch den Anprall aus dem Gleichgewicht gebracht.

Aus dem offiziellen Bericht der k.u.k. Luftschiffer unter Kommandant Emil Uzelac an das k.u.k. Kriegsministerium am 21. Juni 1914, geht zudem hervor, dass das Flugzeug zweifelsfrei in das Heck des Luftschiffs gedrückt wurde. Dass ein Zusammenstoß der Flugmaschine mit dem Luftschiff erfolgt ist, beweisen Ballonstoffreste, welche an Flügel und Motor der Flugzeugreste gefunden wurden. Diese lagen 30 Meter von den Luftschiffresten entfernt. Außerdem beschreibt der Unfallbericht, dass eine nicht berücksichtigte Sinnestäuschung des Piloten bei zu geringem Abstand zum Luftschiff und eine Bewegung dessen, zur Kollision geführt haben könnte. Die Unglücksstelle war den Ballonoffizieren auch ein wohlbekanntes Böenloch. Weiters könnten die hinter einem fahrenden Luftschiff auftretenden Windwirbel, die eine saugende Wirkung haben, bei der Katastrophe mitgewirkt haben. Am wahrscheinlichsten gibt der Bericht eine durch eine Böe verursachte, ruckartige Bewegung vor, der es zuzuschreiben ist, dass das vorbeistreifende Flugzeug mit dem Ballon kollidierte. Die k.u.k. Luftschifferabteilung schrieb das Unglück dem Verschulden des Flugzeugpiloten zu, da Umkreisungen von Luftschiffen durch Flugzeuge den erlassenen, bindenden Vorschriften für das Verhalten am Flugfeld nicht entsprachen und nicht angeordnet wurden.


Absturzort


Der Verwalter des nahegelegenen Ludwigshof genannten Meierhofs der Familie Batthyany, zwei Monteure der k.u.k. Staatsbahnen, ein Militärsangehöriger und Feldarbeiter beobachteten das Drama aus nächster Nähe und waren die ersten Zeugen am schwer zugänglichen Absturzort. Dieser befand sich südlich von Fischamend, eine Dreiviertelstunde Fußweg von der Fliegerstation entfernt, nahe dem Königsberg an der Grenze zu Enzersdorf an der Fischa.[2] Am Nachmittag besichtigte Erzherzog Karl Franz Joseph, 1916–1918 letzter österreichischer Kaiser, die Absturzstelle. Die Bergung der entstellten und verbrannten Opfer gestaltete sich schwierig.


Opfer


Parte zur Körting-Katastrophe (Neue Freie Presse, 23. Juni 1914)
Parte zur Körting-Katastrophe (Neue Freie Presse, 23. Juni 1914)

Die Verunglückten wurden in einer Kapelle im Fischamender Ortsgebiet aufgebahrt. Der Fischamender Gemeindearzt Dr. Blitz, der trotz etlicher Interventionen für die 5000 Beschäftigten der Militär-Aëronautischen Anstalt alleine zu sorgen hatte, nahm die Beschau vor.[2] Nach ergreifenden Begräbnisfeierlichkeiten wurden die verunfallten Flieger dem Wiener Zentralfriedhof überführt. Die Fischamender Bewohnerschaft gab den Verunglückten bis zum Marktturm das Geleit. Der Trauerzug führte an einem dichten Menschenspalier vorbei. Sämtliche Häuser trugen Trauerfahnen.

Am Zentralfriedhof wurde eine hochkarätig besuchte Trauerfeier begangen. Eine Fliegerstaffel umkreiste den Friedhof mehrmals in niedersenkenden Schleifen und warf Blumen ab. Auch im ungarischen Abgeordnetenhaus fand eine Trauerkundgebung statt. Die neun Opfer ruhen in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 0, Reihe F, Nummer 1 [vis-a-vis der Gräber Gruppe 0, Reihe 0, Nummer 69–71]). Diese sind Hauptmann Johann Hauswirth, Oberleutnant Ernst Hofstätter, Leutnant Otto Haidinger, Korporal Franz Chadima, Gefreiter Franz Weber, Ingenieur Gustav Kammerer, Oberleutnant Adolf Breuer, Oberleutnant Ernst Flatz und Fregattenleutnant Wolfgang Puchta.


Verunglückte Luftfahrzeuge


Beim Luftschiffunglück von Fischamend handelte es sich um den Zusammenstoß des Luftschiffs M.III Körting und eines Doppeldecker-Flugzeuges Farman HF-20.[3][2][8]


M.III Körting


Das M.III Körting war ein halbstarres Prallluftschiff. Seine Erstfahrt erfolgte am 1. Jänner 1911 in Fischamend. Bis zum Absturz absolvierte das 68 Meter lange Militärluftschiff mindestens 84 dokumentierte Fahrten. Stationiert war es in der Militär-Aëronautischen Anstalt Fischamend. In der Forschung wurde das auch Lenkschiff oder Motorballon genannte Luftschiff zur Funktelegraphie und Landesvermessung eingesetzt.


Farman HF-20


Der Farman HF-20 war ein französisches Flugzeug von Henri Farman. In der Militär-Aëronautischen Anstalt Fischamend wurde es als Schulflugzeug eingesetzt.


Internationale Presse


Die Körting-Katastrophe weckte großes mediales Interesse und fand weltweites Echo. Neben zahlreichen heimischen Zeitungen und Zeitschriften berichtete eine niederländische Zeitung aus der Universitätsstadt Tilburg bereits am Unglückstag. Zwischen 20. Juni 1914 und 1. August 1914, als der Erste Weltkrieg bereits begonnen hatte, fanden sich Artikel in Zeitungen aus Frankreich, Spanien, Luxemburg und Holland. Auch in den U.S.A. und Australien wurde berichtet.[2]

Es handelt sich um eine der schwersten aviatischen Katastrophen in Österreich.


Niedergang der k.u.k. Luftschiffe


Denkmal für die Pioniere der Luftfahrt in Fischamend
Denkmal für die Pioniere der Luftfahrt in Fischamend

Das k.u.k. Kriegsministerium traf bereits 1911 die Entscheidung, künftig dem Fluggerät „schwerer als Luft“ bei Forschung und Entwicklung den Vorzug zu geben. Aufgrund dieser Entscheidung und Misserfolgen bei der Weiterentwicklung der Luftschiffe überzeugte das Flugzeug. Der Verlust des Körting bekräftigte dies.[2]


Trivia


Oberleutnant Ernst Flatz galt als guter Feldpilot, aber wilder Draufgänger. Er hat die Körting bereits in den Tagen vor dem Unglück wiederholt umrundet und damit das Luftschiff sowie Leib und Leben der Besatzung gefährdet. Nach dem Unglück berichteten Zeitzeugen und Zeitungen, dass Hauptmann Hans Hauswirth, Kommandant des M.III Körting, am Tag vor dem Unglück Flatz gegenüber gedroht haben soll, ihn abzuschießen, falls Flatz dem Luftschiff erneut zu nahekommen sollte.[2]

Es ist anzunehmen, dass Leutnant Haidinger kurzfristig die Position eines zum Aufstieg zu spät gekommenen Oberleutnants einnehmen musste und daher zufällig dem Unglück zum Opfer fiel. Auch ein Feuerwerker entrann dem Tode, nachdem er im letzten Augenblick dienstlich von der letzten Fahrt des Körting abgehalten wurde.

Erica Hofstätter, die Ehefrau des Oberleutnants Ernst Hofstätter, musste den Tod ihres Gatten mitansehen, da sie in einem Automobil nach Fischamend unterwegs war, als die Katastrophe passierte.


Literatur





Einzelnachweise


  1. Militärballon Katastrophe bei Wien | aera – breaking history. Abgerufen am 5. Februar 2020.
  2. Rodolf Ster, Reinhard Ringl: Die k.u.k. Militär-Aeronautische Anstalt Fischamend. Hrsg.: ILF. Band 1. carinaverlag, Hetzendorf 2017, ISBN 978-3-9503429-8-7, S. 200.
  3. Ausstellung Bewegung in den Lüften in der Besucherwelt des Flughafens Wien im Frühjahr 2019
  4. Neue Ausstellung im Flughafen Wien „Bewegung in den Lüften“ – Interessengemeinschaft Luftfahrt Fischamend. Abgerufen am 5. Februar 2020.
  5. Beispielsweise hat der Bürgermeister von Fischamend, der 1908 die Militär-Fliegerei nach Fischamend geholt und nach Kräften gefördert hat, den Feldpiloten Flatz nach dem Unfall beschuldigt, bereits früher die Körting als Übungshindernis missbraucht zu haben. Weiters habe Flatz immer wieder riskante Späße mit der Bevölkerung getrieben, indem er beispielsweise Bauern und Feldarbeiter mit Tiefflügen gejagt habe. Dabei mussten sich die Zivilisten um Leib und Leben zu schützen, auf den Boden werfen. (Viktor Silberer: Luftschiffahrt. Der Massenmord in Fischamend. In: Allgemeine Sport-Zeitung, 28. Juni 1914, S. 679–680, 680.)
  6. Nähere Details enthält die maßgebliche Darstellung des Flugfachmannes Viktor Silberer: Der Massenmord in Fischamend. In: Allgemeine Sport-Zeitung, 28. Juni 1914, S. 679–680.
  7. Neue Ausstellung im Flughafen Wien „Bewegung in den Lüften“. Abgerufen am 5. Februar 2020.
  8. Startseite. Abgerufen am 5. Februar 2020.



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