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Am 22. November 2003 wurde ein Airbus A300B4-203F-Frachtflugzeug der European Air Transport (dba DHL) mit dem Kennzeichen OO-DLL kurz nach dem Abheben in Bagdad, Irak, an der linken Tragfläche von einer Flugabwehrrakete getroffen. Die starke Beschädigung verursachte einen Brand sowie den Totalausfall der hydraulischen Flugsysteme. Weil der äußere linke Tragflächentank (1A) beim Start vollständig befüllt gewesen war, gab es keine Kerosin-Luft-Dampfexplosion. Das Feuer zerstörte den Tank 1A komplett und beschädigte die untere Tragflächenstruktur erheblich. Zudem leckte der weiter in Richtung Rumpf gelegene Tank 1.[1]

Die drei Besatzungsmitglieder entschieden sich zur Rückkehr nach Bagdad und konnten das beschädigte Flugzeug dort durch Variieren der Triebwerkleistungen sicher landen. Nach der Landung geriet das Flugzeug auf den unbefestigten Grund neben der Piste.[2]

Die Reporterin Claudine Vernier-Palliez vom französischen Wochenmagazin Paris Match begleitete ein Saddam-Fedajin-Kommando bis zum Angriff auf das Flugzeug.[3]


Hintergrund


Das Flugzeug hob um 06:30 UTC vom Flughafen Bagdad in Richtung Flughafen Bahrain ab. Die Crew war erfahren und bestand aus zwei Belgiern, dem 38-jährigen Kapitän Éric Gennotte und dem 29-jährigen Ersten Offizier Steeve Michielsen, und einem Schotten, dem 54-jährigen Flugingenieur Mario Rofail.[4] Der Kapitän hatte insgesamt 3.300 Flugstunden (davon mehr als die Hälfte auf dem Typ Airbus A300), der Erste Offizier 1.275 Flugstunden und der Flugingenieur 13.423 Flugstunden aufzuweisen.[5]


Flugverlauf


Der Start wurde aufgrund des geringen Gewichts des nur leicht beladenen Flugzeugs lediglich mit ausgefahrenen Vorflügeln (Slats), jedoch ohne sonstige Auftriebshilfen (Flaps) ausgeführt. Um das Risiko eines Raketeneinschlags zu minimieren, stieg das Flugzeug nach dem Abheben rasch. Auf Fluglevel 080 (etwa 2.450 Metern) wurde der Airbus von einer 9K34 Strela-3-Flugabwehrrakete an der linken Tragfläche getroffen.[6] Das nach unten austretende Kerosin verursachte ein Feuer; zudem fiel die Hydraulik aus, was einen Kontrollverlust zur Folge hatte. Das Flugzeug stieg mehrere Male rasch auf eine größere Höhe, bevor es ebenso schnell wieder in niedere Höhen ging (siehe auch Phygoide).

Wie beim Unfall des United-Airlines-Flugs 232 konnte der Kapitän das Flugzeug nur mit Hilfe der Triebwerksleistung und des asymmetrischen Variierens derselben steuern. Der Flugingenieur nutzte die Schwerkraft, um das Fahrwerk auszufahren, was normalerweise mittels der Hydraulik erfolgt. Das frühe Ausfahren des Fahrwerks trug wesentlich zu einer sicheren Landung bei, da der Airbus so abgebremst und stabilisiert wurde.

Die Crew testete etwa 10 Minuten lang, wie sich das Flugzeug ohne Hydraulik allein unter Einsatz der Triebwerke kontrollieren ließ. Eine asymmetrische Schubverteilung bewirkte eine Kursänderung um die Gierachse (rechts-links). Bei einer Geschwindigkeit von knapp 400 km/h (215 Knoten) hielt die Maschine annähernd eine konstante Höhe. Eine höhere Geschwindigkeit leitete einen Steigflug, eine niedrigere einen Sinkflug ein. Hierbei war aber zu beachten, dass sich die Geschwindigkeit während des Steigens bzw. Sinkens veränderte, so dass eine ständige Nachkorrektur der Schubkraft erfolgen musste.[1] Nach einer mäandernden Flugbahn konnte die Mannschaft eine Rechtskurve fliegen und mit dem Anflug auf den Flughafen Bagdad beginnen.


Endanflug und Notlandung


Während des Endanflugs musste Rofail die Geschwindigkeit und Schubkraft genau im Auge behalten, um die Sinkrate zu kontrollieren und ein Absacken der Flugzeugnase in Bodennähe zu verhindern. Der Anflug erfolgte daher mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit.

Genotte und Michielsen bereiteten eine Landung auf Piste 33R vor. Da aber das Flugzeug nach rechts abdriftete, entschied sich Genotte, auf der kürzeren Piste 33L zu landen. Die Sicht war hervorragend und die Piloten führten einen kontrollierten Landeanflug durch. Sie wussten, dass sie die Triebwerke nicht drosseln konnten, ohne zu riskieren, dass die Nase oder eines der Triebwerke den Boden berühren.[1]

Auf einer Höhe von etwa 400 Fuß (120 Meter) geriet das Flugzeug außer Kontrolle und rollte nach rechts. Die Mannschaft konnte das Flugzeug vor der Landung wieder in Balance bringen; jedoch setzte das Flugzeug nicht in der Mitte der Piste auf. Rofail aktivierte umgehend den vollen Umkehrschub, um das Flugzeug zu bremsen. Dennoch drehte der Airbus von der Piste ab und kam nach rund 1000 Metern zum Stillstand.[1]


Nach dem Unglück und Auszeichnungen


Die Honourable Company of Air Pilots ehrte die Crew mit dem Hugh Gordon-Burge Memorial Award.[7] Dieser Award wird Mannschaften verliehen, deren außerordentliches Handeln wesentlich zur Rettung des Flugzeugs oder der Passagiere beitrugen, oder einen wesentlichen Beitrag zu einer Sicherheitsverbesserung im Luftverkehr beitrugen.

Die Flight Safety Foundation verlieh der Mannschaft den FSF Professionalism Award in Flight Safety für ihre „außerordentlichen Fähigkeiten im Fliegen ihres Flugzeugs zu einer sicheren Landung nach einem Flugabwehrraketeneinschlag nach dem Start in Bagdad, Irak“.[8]

Im Mai 2006 hielten Kapitän Éric Genotte und Testpilot Armand Jacob in Toulouse einen Vortrag mit dem Titel „Landing an A300 Successfully Without Flight Controls“ (etwa „einen A300 erfolgreich ohne Steuersysteme landen“).

Zusätzlich zum Flügelschaden und einem beschädigten Fahrwerk erlitten beide Triebwerke Beschädigungen durch eindringende Erde. Das bereits alternde Flugzeug wurde nicht mehr benutzt und befand sich auch noch im Jahr 2011 auf dem Flughafen Bagdad.[9]


Einzelnachweise


  1. http://www.flightglobal.com/news/articles/great-escape-191713/
  2. „Air Crash Investigators“
  3. „Voici le commando qui a touché l’Airbus“, Claudine Vernier-Palliez, Paris Match, N° 2845 – 27. November 2003
  4. http://www.eurotrib.com/story/2006/4/30/1045/07104
  5. http://asasi.org/2004_PPTs/Malinge_Airbus%20Bagdhad_ISASI04_PPT.pdf (Memento vom 25. Juni 2005 im Internet Archive)
  6. http://www.flightglobal.com/news/articles/pilots-relive-iraq-missile-attack-189818/
  7. https://www.airpilots.org/about-the-company/trophies-and-awards/award-winners/the-hugh-gordon-burge-memorial-award//
  8. http://flightsafety.org/aviation-awards/fsf-professionalism-award-flight-safety
  9. http://www.airliners.net/photo/Airbus-A300B4-203(F)/1909863


На других языках


- [de] Beschuss des Airbus A300 OO-DLL der European Air Transport

[en] 2003 Baghdad DHL attempted shootdown incident

On 22 November 2003, shortly after takeoff from Baghdad, Iraq, an Airbus A300B2-200F cargo plane, registered OO-DLL and owned by European Air Transport (doing business as DHL Express), was struck on the left wing by a surface-to-air missile while on a scheduled flight to Muharraq, Bahrain.[1] Severe wing damage resulted in a fire and complete loss of hydraulic flight control systems. Because outboard left wing fuel tank 1A was full at takeoff, no fuel-air vapour explosion occurred. Liquid jet fuel dropped away as 1A disintegrated. Inboard fuel tank 1 was pierced and leaking.[2]

[fr] Attaque du vol DHL en 2003 à Bagdad

Le 22 novembre 2003 à Bagdad, un Airbus A300B4-203F, avion cargo opérant pour DHL et immatriculé en Belgique avec l'indicatif OO-DLL, est victime, à près de 10 000 pieds, d'un tir de missile opéré par des terroristes. Le tir provoque la perte des trois systèmes hydrauliques permettant le contrôle de l'avion. L'équipage décide alors de tenter de poser l'avion en ajustant individuellement la puissance des moteurs.

[it] Volo DHL OO-DLL

L'incidente del volo DHL OO-DLL fu un incidente aereo avvenuto il 22 novembre 2003 alle ore 09:00 locali, a Bagdad, in Iraq, nel quale un aereo da trasporto della compagnia aerea cargo European Air Transport Leipzig (DHL) in fase di decollo dall'Aeroporto internazionale di Bagdad venne colpito da un missile terra-aria che danneggiò la semiala sinistra, costringendo il suo equipaggio ad un atterraggio di emergenza.[1]

[ru] Инцидент над Багдадом

Инцидент с A300 над Багдадом — авиационная авария, произошедшая в субботу 22 ноября 2003 года. Грузовой самолёт Airbus A300B4-203F авиакомпании DHL совершал плановый рейс по маршруту Багдад—Мухаррак, но вскоре после вылета из аэропорта Багдада был поражён зенитной ракетой, выпущенной из ПЗРК. Попадание ракеты повредило левую консоль крыла и её механизацию, что вызвало утечку авиатоплива и потерю гидравлической системы и, как следствие, потерю управления. Экипаж смог посадить самолёт в аэропорту Багдада, никто из 3 членов экипажа на его борту не пострадал.



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