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Lycoming ist ein US-amerikanischer Hersteller von Flugmotoren und ehemaliger Hersteller von Verbrennungsmotoren für Automobile, Nutzfahrzeuge, Traktoren und Boote. Das Unternehmen war Bestandteil der Cord Corporation und gehört heute zur Textron Group.

Lycoming
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Rechtsform Corporation
Sitz Williamsport, Pennsylvania
Branche Flugmotoren
Website www.lycoming.com

Geschichte


Die Wurzeln der Firma reichen bis weit ins 19. Jahrhundert zurück. Das vom Hersteller selber genannte Gründungsjahr 1845 lässt sich jedoch ebenso wenig belegen wie die Entstehungsgeschichte der Demorest Manufacturing Company durch Ellen Curtis Demorest in Williamsport (Pennsylvania).[1]

Wahrscheinlicher ist eine spätere Gründung der Firma durch William Demorest in New York City. 1845 heiratete er Margaret Willamina Poole, welche 1857 im Alter von erst 34 Jahren verstarb. Der Witwer verheiratete sich 1858 erneut. Seine zweite Gattin wurde Ellen Curtis. 1845 war diese 20 Jahre alt und arbeitete als Modistin.[2]


Demorest-Nähmaschinen


Demorest-Nähmaschine
Demorest-Nähmaschine

Die Herstellung einer Nähmaschine namens Madame Demorest’s 5 dollar first premium running stitch sewing machine, Emporium of Fashions, 473 Broadway, New York kann in die 1860er Jahre gelegt werden. Daneben wurden Modezeitschriften herausgegeben und unter dem Markennamen Madame Demorest ein Handel mit Schnittmustern betrieben. Dieser Geschäftszweig wurde 1887 verkauft. Daraus entstand die Aktiengesellschaft Demorest Fashion and Sewing-Machine Company, an der die Demorests allerdings nicht mehr beteiligt waren. Die Firma behielt ihren Sitz in New York, bezog aber in Williamsport Fabrikationsräume. Hier wurden während vielen Jahren Nähmaschinen, Fahrräder, Schreibmaschinen, Druckpressen und weitere Metallprodukte hergestellt.[2]


Demorest-Fahrräder


Ein Demorest-Angestellter namens S. H. Ellis konstruierte ein Fahrrad, welches ab 1891 als New York Bicycle verkauft wurde. Sein Gewicht wurde im Lauf der Zeit von ca. 28,5 kg auf etwas über 13 kg gesenkt; eine Rennversion wog sogar nur noch 8,6 kg. Reguläre Fahrräder kosteten je nach Ausführung 85, 100 oder 125 US$.

Demorest Nähmaschinen und Fahrräder waren in der irischstämmigen Bevölkerung von New York und Philadelphia sehr gefragt.[2]


Motoren für Straßenfahrzeuge


Achtzylinder-Reihenmotor von Lycoming im Duesenberg Modell J; Ausführung ohne Zentrifugalkompressor (265 bhp; Konstrukteur: Fred Duesenberg)
Achtzylinder-Reihenmotor von Lycoming im Duesenberg Modell J; Ausführung ohne Zentrifugalkompressor (265 bhp; Konstrukteur: Fred Duesenberg)

1907 oder 1908 (je nach Quelle) wurde die Firma verkauft, weil offenbar keine rentable Produktion mehr möglich war. Der Name wurde geändert in Lycoming Foundry and Machine Company. Die neuen Eigentümer stellten erfolgreich auf den Bau von Ottomotoren für Automobile und Nutzfahrzeuge um. 1914 erschienen die ersten Vierzylindermotoren[3] und 1925 Reihen-Achtzylinder. Einer der ersten Kunden war Auburn[3]. Nach Angaben des Herstellers entstanden in 25 Jahren 57 verschiedene Motortypen für über 250 Baureihen. 1920 wurde der Name in Lycoming Manufacturing Company geändert.[1][2]

1929 gelangte die Firma in den Besitz von Errett Lobban Cords Cord Corporation, zu der auch die Automobilmarken Auburn, Cord und Duesenberg gehörten, die zu Abnehmern wurden. Der 6,9 Liter-Reihenachtzylindermotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen des Duesenberg mit einer Leistung von 265 bhp (197 kW), 320 bhp (238 kW) mit Kompressor und 400 bhp (298 kW) in Rennausführung gilt als stärkster Serienwagenmotor seiner Zeit.


Lycoming-Motoren in PKW- und LKW (Auswahl)



Boots- und Traktormotoren


Unter den neuen Eigentümern wurde 1929 auch eine Abteilung für Bootsmotoren eingerichtet. Verwendet wurden an diesen Zweck angepasste Achtzylinder-PKW-Motoren.[19] Ein Vierzylinder folgte 1932[5], aber erst 1935 folgte eine Sechszylinderversion. In diesem Jahr brachte Lycoming auch einen für Rennboote neu entwickelten Vierzylinder auf den Markt.[20]

1932 erschienen Lycoming-Motoren für Traktoren.[5]


Flugmotoren


Außerdem wurde die Produktpalette 1929 um Flugmotoren erweitert. Das Unternehmen errichtete eigens für die Herstellung der neuen 7- und 9-Zylinder-Sternmotoren ein neues Werk und investierte dafür US$ 500.000,-.[19] Als erster dieser Motoren erschien noch im gleichen Jahr der R-680 Neunzylinder mit 215 bhp (160 kW) Leistung. Das erste Flugzeug mit diesem Triebwerk war ein Doppeldecker der Travel Air Manufacturing Company von Walter Beech und Clyde Cessna, der Jungfernflug fand am 3. April 1929 statt.

Die Holding AVCO Corporation, an der Cord seit 1932 mit 30 % beteiligt war[5] kaufte die Cord Corporation im Jahr 1934 auf, wodurch Lycoming zu einer Tochtergesellschaft der AVCO wurde und 1936 den neuen Namen AVCO Lycoming erhielt.[21] Während des Zweiten Weltkrieges produzierte das Unternehmen zudem auch Panzermotoren, etwa für den Spähpanzer M22 Locust. 1986 wurde das Unternehmen von Textron aufgekauft und heißt seit dem offiziell Textron Lycoming. Neben Kolbenmotoren stellt Lycoming heutzutage auch Gasturbinen für Flugzeuge und Hubschrauber her. Nach 1945 wurden Motoren der Baureihe GO-480 auch in Westdeutschland bei BMW/MAN und in Italien bei Piaggio in Lizenz hergestellt.


Konstruktion


Bei AVCO Lycoming erhielt ab 1951[22] Anselm Franz die Verantwortung für den Bau der Gasturbinen, der bereits in den 1930er Jahren die Jumo-004-Strahlturbine mit entwickelt hatte.[21] Unter seiner Leitung entstand die erste serienreife Wellenturbine für Hubschrauber, die LTC1B-1. Sie bekam die militärische Bezeichnung T-53-L-1.

Lycoming T53 (Abtrieb links über Untersetzungsgetriebe, ältere Variante mit zwei Turbinenstufen)
Lycoming T53 (Abtrieb links über Untersetzungsgetriebe, ältere Variante mit zwei Turbinenstufen)

Ab 1959 wurde damit der Bell UH-1 Huey – einer der bekanntesten Hubschrauber weltweit – ausgestattet. Basierend darauf kam 1954[22] wieder unter Leitung von Anselm Franz die T 55 Wellenturbine auf den Markt, eine im Transporthubschrauber Chinook ebenfalls sehr bewährte Konstruktion. Vom Konzept her ähnlich dem Heinkel HeS 3B von Wilhelm Gundermann: auf einen Axialverdichter folgt ein Diagonalverdichter und eine Umkehrbrennkammer. Die Hochdruckturbinenstufen treiben die Verdichter an, die Niederdruckstufe liefert die Wellenleistung.

Lycoming ALF 502 Mantelstromtriebwerk basierend auf dem Hubschrauber-Wellentriebwerk T55
Lycoming ALF 502 Mantelstromtriebwerk basierend auf dem Hubschrauber-Wellentriebwerk T55

1969 kam das Lycoming ALF 502R[22], ein Mantelstromtriebwerk mit hohem Nebenstromverhältnis, basierend auf dem T 55 Hubschraubertriebwerk und wurde in der vierstrahligen Avro BAe 146 eingesetzt. Die vierte Turbine[22] treibt hier anstelle einer Welle den großen Fan im Einlassbereich an.

Lycoming-Kolbenmotoren sind heute die am weitesten verbreiteten Triebwerke für Kleinflugzeuge. Es sind luftgekühlte vier- bis achtzylindrige modular aufgebaute Boxermotoren mit doppelter Magnetzündung. Der Propeller wird bei den meisten Modellen direkt von der Kurbelwelle angetrieben, es gibt aber auch Motoren mit integriertem oder angeflanschtem Propellergetriebe. Ebenso sind Motoren mit Aufladung (Turbo- und/oder mechanischem Lader) sowie Saugrohreinspritzung erhältlich. Die Motoren haben den Ruf einer sehr hohen Zuverlässigkeit, welche durch die sehr konservative Auslegung (einfache und stabile Konstruktion, meist ohne Propellergetriebe, niedrige Drehzahl und niedrige Literleistung) erreicht wird. Zudem sind die Motoren seit Jahrzehnten nahezu unverändert. Nachteilig an dieser im Vergleich zu modernen Automotoren veralteten Bauweise ist der hohe Verbrauch des gegenüber Automobiltreibstoffen nochmals erheblich teureren Flugbenzins. In anderen relevanten Kategorien (Gewicht, Zuverlässigkeit, Preis, Wartungskosten) ist der Vorteil modernerer Konstruktionen geringer oder nicht vorhanden.


Konkurrenzsituation


Der direkte Konkurrent Continental Motors baut technisch sehr ähnliche Motoren, beide teilen sich den Großteil des Marktes für zugelassene Flugzeuge mit Kolbenmotor. Bei Leichtflugzeugen und Ultraleichtflugzeugen dominiert Rotax, die vergleichsweise modernen Motoren eignen sich wegen der geringen Leistung jedoch nicht für größere Flugzeuge. Aufgrund der weltweit immer schlechteren Verfügbarkeit von AvGas und der stark gestiegenen Kosten sind grundlegende Neukonstruktionen jedoch in baldiger Zukunft unvermeidlich. Die Ansätze scheitern jedoch regelmässig: Die Stückzahlen sind sehr niedrig, die regulatorischen Hürden hoch, höchste Zuverlässigkeit unabdingbar, folglich laufen die Kosten aus dem Ruder. Porsche hatte sein in den 1980er-Jahren begonnenes Flugmotorenengagement im Jahre 1990 wieder eingestellt. Der von der Firma Technify entwickelte moderne Turbodiesel konnte sich ebenfalls nicht durchsetzen. Austro Engine bedient ebenso nur eine Nische.[23]

Aufgaben, die bisher Flugzeugen mit Lycoming-Motor vorbehalten waren, können mittlerweile auch von moderner motorisierten VLA und TMG übernommen werden, so etwa der Schlepp von Segelflugzeugen oder auch die Pilotenausbildung.


Flugmotoren-Typen



Kennzeichnungssystem


Lycoming verwendet für seine Kolbenmotoren ein eigenes Kennzeichnungssystem. Die Motorbezeichnung besteht aus drei Kennzeichnungsgruppen:

Der Buchstabe am nächsten zum Bindestrich der Nummer gibt die Motorbauform an:

Die Bauformen können mit den verschiedenen Ausstattungsvarianten kombiniert werden:

Die Nummer gibt den Hubraum in Cubic Inches an. Eine 1 am Schluss bedeutet „integrierter Hilfsantriebsblock“.


Modelle und Varianten



Triebwerkstypen



Einzelnachweise


  1. Our History (Memento vom 10. November 2012 im Internet Archive)
  2. Demorest Sewing Machine Company History (Memento vom 21. Juli 2011 im Internet Archive)
  3. Butler: Auburn Cord Duesenberg, S. 140
  4. Kimes, Clark: Standard Catalogue of American Cars 1805–1942. 1996, S. 60–61 (Arbenz).
  5. Butler: Auburn Cord Duesenberg. 1992, S. 263.
  6. Kimes, Clark: Standard Catalogue of American Cars 1805–1942. 1985, S. 66–72(Auburn).
  7. Georgano: Complete Encyclopedia of Motorcars. 1973, S. 166
  8. Culshaw/Horrobin: Complete Catalogue of British Cars (1997)
  9. Kimes, Clark: Standard Catalogue of American Cars 1805–1942. 1996, S. 279–282 (Checker).
  10. Kimes, Clark: Standard Catalogue of American Cars 1805–1942. 1996, S. 367–368 (Commonwealth).
  11. Georgano: Complete Encyclopedia of Motorcars. 1973, S. 336.
  12. Georgano, Naul: Complete Encyclopedia of Commercial Vehicles (1979), S. 354
  13. Kimes, Clark: Standard Catalogue of American Cars 1805–1942. 1996, S. 775 (Kissel).
  14. Kimes, Clark: Standard Catalogue of American Cars 1805–1942. 1996, S. 852 + 859 (Locomobile).
  15. Georgano: Complete Encyclopedia of Motorcars. 1973, S. 515.
  16. Culshaw, Horrobin: Complete Catalogue of British Cars (1997)
  17. Georgano, Naul: Complete Encyclopedia of Commercial Vehicles (1979), S. 471
  18. Butler: Auburn Cord Duesenberg. 1992, S. 306.
  19. Butler: Auburn Cord Duesenberg. 1992, S. 188.
  20. Butler: Auburn Cord Duesenberg. 1992, S. 309.
  21. PDF-Archive von flightglobal: Flight (Magazin), Mai 1956, S. 30.
  22. Lexikon der Flugtriebwerke, Gunston Bill, Motorbuchverlag Stuttgart, 1991, ISBN 3-613-01422-X
  23. AVweb: Why New Aircraft Engine Ideas Rarely Succeed auf YouTube, 17. Mai 2021, abgerufen am 20. Oktober 2022 (englisch).

Literatur




Commons: Lycoming – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

На других языках


- [de] Lycoming

[en] Lycoming Engines

Lycoming Engines is a major American manufacturer of aircraft engines. With a factory in Williamsport, Pennsylvania, Lycoming produces a line of horizontally opposed, air-cooled, four, six and eight-cylinder engines including the only FAA-certified aerobatic and helicopter piston engines on the market.

[fr] Lycoming Engines

Lycoming Engines est une société américaine fabriquant des moteurs d'avions, filiale du groupe Textron.

[it] Lycoming Engines

La Lycoming Engines (o semplicemente Lycoming) è una azienda statunitense produttrice di motori aeronautici, conosciuta principalmente per i suoi motori aeronautici per aviazione generale. La sede è a Williamsport (Pennsylvania), Lycoming produce una linea di motorizzazioni aeronautiche a pistone tra i quali l'unico certificato FAA per usi acrobatici e elicotteristici. L'azienda ha costruito più di 325.000 motori a pistone più della metà dei velivoli di aviazione generale del mondo, sia aerei che elicotteri. Per la maggior parte della sua storia, Lycoming è stata parte del gruppo AVCO come AVCO Lycoming. Nel 1987 AVCO fu acquisita da Textron e l'azienda è divenuta Textron Lycoming. Nel 2002 l'azienda ha cambiato nome, assumendo quello attuale di Lycoming Engines.[1]

[ru] Lycoming Engines

Lycoming Engines — крупная фирма-производитель авиационных двигателей, в основном для малой авиации.



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