Die 9K310 Igla-1 (russ.: 9К310 Игла-1 ‚Nadel‘) ist eine schultergestützte Kurzstrecken-Boden-Luft-Rakete aus sowjetischer Produktion. Der NATO-Codename lautet SA-16 Gimlet.
SA-16 Gimlet | |
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Allgemeine Angaben | |
Typ | Flugabwehrrakete |
Heimische Bezeichnung | 9K310 Igla-1, 9K310F Igla-1F |
NATO-Bezeichnung | SA-16 Gimlet, SA-N-10 Gimlet |
Hersteller | Konstruktionsbüro KBM |
Entwicklung | 1971 |
Indienststellung | 1981 |
Technische Daten | |
Länge | 1,673 m[1] |
Durchmesser | 72,2 mm |
Gefechtsgewicht | 10,8 kg |
Spannweite | 160 mm |
Antrieb | Feststoff-Raketentriebwerk |
Geschwindigkeit | 570 m/s |
Reichweite | 5,4 km |
Dienstgipfelhöhe | 3.500 m |
Ausstattung | |
Zielortung | passiv IR |
Gefechtskopf | 1,27 kg Splittergefechtskopf[2] |
Zünder | Aufschlagzünder |
Listen zum Thema |
Im Jahr 1971 erteilte das ZK der KPdSU den Auftrag zur Entwicklung einer neuen, tragbaren Flugabwehrlenkwaffe, die Ende der 1970er-Jahre die Systeme 9K32 Strela-2 und 9K34 Strela-3 ersetzen sollte.[2] Das neue Flugabwehrsystem bekam die Bezeichnung 9K38 Igla. Die NATO gab diesem System die Bezeichnung SA-18 Grouse. Bei der Entwicklung kam es immer wieder zu Verzögerungen. Als die Entwicklung im Jahre 1978 immer noch nicht abgeschlossen war, entschied man sich für eine Zwischenlösung. Der bereits fertiggestellte Rumpf und der Raketenmotor der neuen Lenkwaffe sollten mit dem bewährten Suchkopf der 9K34 Strela-3 zu einem Interimssystem weiterentwickelt werden.[2] Dieses System bekam die Bezeichnung 9K310 Igla-1. Es wurde im Jahre 1981 bei den sowjetischen Landstreitkräften eingeführt und erhielt von der NATO die Bezeichnung SA-16 Gimlet („Nagelbohrer“).
Varianten:
Das System 9K310 Igla-1 besteht aus den folgenden Komponenten:[1]
Die 9M313-Lenkwaffen sind in versiegelten GFK-Transport- und Startbehältern untergebracht. An dem Startbehälter ist das 9P519-Griffstück mit integrierter Elektronik, 9P238-Thermoelektrischer Generator sowie einer Visiereinrichtung mit Tageslicht-Zieloptik angebracht. Die Igla-1 wiegt im startbereiten Zustand 17,9 kg. An die Visiereinrichtung kann das 1L14-Freund-Feind-Erkennung-System angeschlossen werden.[1] Die 9M336-Lenkwaffe ist mit einem passiven Infrarot-Suchkopf von LOMO ausgerüstet. Der Suchkopf verwendet einen Indiumantimonid-Halbleiter und reagiert auf IR-Strahlung zwischen 3 und 5 µm Wellenlänge.[2] Vor dem Start wird der Suchkopf mit flüssigem Stickstoff gekühlt. Der Suchkopf ermöglicht das Erfassen von Zielen bei schlechtem Wetter oder in der Nacht. Ebenso können frontal anfliegende Ziele bekämpft werden. Der Splittergefechtskopf wiegt 1,27 kg und wird durch einen Aufschlagzünder zur Detonation gebracht, d. h., die Rakete muss das Ziel direkt treffen.[1] Als Antrieb dient ein Feststoff-Raketentriebwerk, das gezündet wird, wenn die von einer Gasladung ausgestoßene Rakete das Startrohr einige Meter verlassen hat. Die Zielverfolgung durch die Lenkwaffe erfolgt nach dem Prinzip der Proportionalnavigation, d. h. die Elektronik errechnet die Winkelgeschwindigkeit des Ziels und sendet Steuerbefehle, um die Differenz auf Null zu bringen. Verfehlt die Lenkwaffe das Ziel, zerstört sie sich nach einer bestimmten Flugzeit durch Selbstzerlegung.[2]
Die Igla-1 funktioniert nach dem Fire-and-Forget-Prinzip, d. h. nach dem Abfeuern verfolgt die Rakete ihr Ziel selbstständig. Mit der Igla-1 können Flugzeuge, Hubschrauber und Drohnen bekämpft werden. Der vertikale Einsatzbereich der Lenkwaffe liegt bei 10 bis 3.500 m bei einem horizontalen Kampfbereich von 0,5 bis 5,4 km.[2] Frontal anfliegende Luftziele können bis zu einer Fluggeschwindigkeit von 360 m/s bekämpft werden.[1] Die maximale Fluggeschwindigkeit für die Bekämpfung eines wegfliegenden Luftziels liegt bei 320 m/s.[2]
Neben den offiziellen Benutzern der Igla-1 wird die Waffe auch noch in den Händen von Separatisten- und Extremistengruppen vermutet.
Die SA-16 Gimlet kam bei verschiedenen kriegerischen Auseinandersetzungen in der Golfregion, in Afrika, in Südamerika, auf dem Balkan sowie im Kaukasus zum Einsatz. Während der Operation Desert Storm im Irak wurden sieben Flugzeuge und vier Hubschrauber der Allianz mit der SA-16 Gimlet abgeschossen.
Bei den Auseinandersetzungen auf dem Balkan fielen mindestens zwei Flugzeuge der NATO der SA-16 GIMLET zum Opfer. Auch bei den Auseinandersetzungen im Kaukasus wurden mehrere russische Kampfflugzeuge und Hubschrauber mit SA-16-Lenkwaffen der Rebellen abgeschossen.
Der Abschuss des Präsidentenflugzeugs in Ruanda am 6. April 1994, der den nachfolgenden Völkermord in Ruanda mit mindestens 800.000 Toten auslöste, wurde mit SA-16-Raketen verübt.[4]
In den Jahren 2003 bis 2006, nach der US-Invasion im Irak, wurden mindestens sechs US-Hubschrauber mit SA-16-Lenkwaffen der Widerstandskämpfer abgeschossen. Im Irak verfügt die nordirakische Armee der autonomen Kurdenregion nach eigenen Angaben über mehrere hundert SA-16 Gimlet.
Schultergestützt |
9K32 Strela-2 | 9K34 Strela-3 | 9K310 Igla-1 | 9K38 Igla | 9K338 Igla-S | 9K333 Werba |
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Kurzstrecken |
9K31 Strela-1 | 9K33 Osa | 9K35 Strela-10 | 2K22 Tunguska | 9K330 Tor | 96K6 Panzir | Sosna | |
Mittelstrecken |
S-125 Newa | 2K11 Krug | 2K12 Kub | 9K37 Buk | |
Langstrecken |
S-25 | RS-25 | S-75 | S-200 | S-300P | S-300W | S-350 | S-400 | S-500 | |
Seegestützt |
9K32F Strela-2F | 9K34F Strela-3F | 9K310F Igla-1F | 9K38M Igla-M | 4K33 Osa-M | 3K87 Kortik | 3K95 Kinschal | 3K96 Redut | M-1 Wolna-M | M-2 Wolchow | M-11 Schtorm | M-22 Uragan | 3S90 Esch | S-300F Fort | S-300FM Fort-M |