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Das S-125 Newa (russisch С-125 Нева, NATO-Codename: SA-3 GOA) ist ein radargeleitetes Flugabwehrraketensystem mit einer zweistufigen Rakete, das in der Sowjetunion vom Konstruktionsbüro Issajew entwickelt wurde und ab 1961 bei den Streitkräften des Warschauer Pakts im Einsatz war.

Eine stationäre SA-3-Raketenstartrampe
Eine stationäre SA-3-Raketenstartrampe

Entwicklung und Taktik


Das S-125 stellt eine Weiterentwicklung des S-75-Systems dar. So wurden die Radargeräte P-15 (Nato: Flat Face) und PRW-11 (Nato: Side Net) größtenteils unverändert übernommen. Der Westen erfuhr von dem System Anfang 1959 durch eine Fotoaufklärung des Raketentestgeländes Kapustin Jar. Zu diesem Zeitpunkt wurden abschließende Tests mit den weitgehend fertigen Lenkwaffen durchgeführt. Die ersten S-125-Batterien wurden im Zeitraum von 1961 bis 1964 rund um Moskau in Stellung gebracht.

Die sowjetische Militärführung begann die S-125 bald mit den Langstreckenraketen des Typs S-200 in Brigaden zusammenzufassen. Eine solche gemischte Brigade bestand aus drei Fla-Raketenabteilungen mit sechs S-200 Startern und zwei bis drei S-125-Abteilungen mit je vier Startern. Bei der Verteidigung besonderer Ziele wurden die Systeme auch mit dem S-75 System kombiniert, alle zusammengefasst unter einem gemeinsamen Leitsystem.[1]


Technik


Das gesamte System ist auf Lkw und Anhängern montiert, was einen schnellen Standortwechsel möglich macht. Auf jedem Lkw-TEL befinden sich normalerweise zwei Lenkwaffen, auf fest installierten Startern meistens bis zu vier Stück. Folgende Fahrzeuge werden für den Betrieb einer S-125-Batterie benötigt: eine Raketenleitstation, eine Stromversorgungseinheit und eine Kabine für die Bedienungsmannschaft.


Radargeräte


Mit dem Radarkomplex können zwei Raketen gleichzeitig gelenkt werden. Der Salvenschuss ist Standard bei diesem Waffensystem. Es wird immer in Doppelsalven (Reihe 2) geschossen, außer bei Flugkörpermangel. Für den Fall starker elektronischer Störungen kann die Zielerfassung auch mittels einer Videokamera erfolgen, die auch bei Nacht einsetzbar ist. Dies ist auch in vielen Fällen nötig, da das S-125 gegenüber modernen Störmaßnahmen kaum adäquate ECCM-Kapazitäten besitzt.

Das P-15-Flat-Face-Radargerät auf einem ZIL-157-Lastwagen
Das P-15-Flat-Face-Radargerät auf einem ZIL-157-Lastwagen
Radargerät P-15 Flat Face PRW-11 Side Net Low Blow
Zweck Überwachung / Zielerfassung Höhenfinder Zielverfolgung / Feuerleitung / Lenkung
Frequenzbereich 0,83 GHz 2–3 GHz
  • Zielverfolgung / Feuerleitung: 8–10 GHz
  • Lenkung: 1–2 GHz
Max. Reichweite 200 km 180 km
  • Zielverfolgung: 85 km
  • Feuerleitung: 40 km
  • Lenkung: 29 km
Impulsleistung 300 kW k. A. 250 kW
Sendezeit 1,5 µs k. A. 0,25–5 µs
Pulswiederholfrequenz 500–660 Hz k. A.
  • Zielverfolgung: 3560–3585 Hz
  • Feuerleitung: 1750–3500 Hz
Entfernungsauflösung 300 m k. A. k. A.
Winkelauflösung k. A. k. A.

Lenkwaffe


5V27
Kenngröße Daten
Länge   6,7 m
Startgewicht   400 kg
Durchmesser   0,6 m
Antrieb   zweistufiger Raketenmotor + Booster
Geschwindigkeit   Mach 3
Reichweite    25 km
Minimale Reichweite   3,5 km
Einsatzhöhe   18.000 m
Minimale Einsatzhöhe   100 m
Maximale Zielgeschwindigkeit   560 m/s (2016 km/h)
Lenkung   Funkkommandos
Minimaler Ziel-RCS   0,5 m²
Gefechtskopf   60-kg-Splittersprengkopf, hochexplosiv
Störfestigkeit   200 W/MHz
Zündung   Radar-Näherungs- und Aufschlagzünder
Wirkungsradius   12,5 m

Marineversion


Der M-1-Starter auf dem Deck eines Zerstörers der Kaschin-Klasse
Der M-1-Starter auf dem Deck eines Zerstörers der Kaschin-Klasse

Parallel zur landgestützten Version wurde auch eine Marineversion entwickelt. Diese wird als M-1 Wolna (NATO-Codename: SA-N-1A) bezeichnet. Der erste Test fand an Bord des Zerstörers Brawyi (Kotlin-Klasse) im Jahre 1962 statt. Noch im selben Jahr wurde das System eingeführt. Die eingesetzte Rakete 4K90 (auch W-600) besitzt eine Reichweite von 4 bis 15 km und einen Höhenbereich von 0,1 bis 10 km. Es kann nur ein Ziel auf einmal bekämpft werden, des Weiteren verfügt das System über einen Boden-Boden-Betriebsmodus, der es ermöglicht, die Raketen auch gegen Überwasserziele einzusetzen. Das Magazin eines ZIF-101-Raketenstarters umfasst 16 Raketen. Später wurde auf neueren Schiffen der ZIF-102-Starter eingeführt, der 32 Raketen fassen kann. Das System wurde auch nach Polen und Indien geliefert. Folgende Radargeräte werden eingesetzt:

Radargerät MR-500 Big Net MR-310 Head Net 4R90 Peel Group
Zweck Überwachung / Zielerfassung Zielerfassung Zielverfolgung / Feuerleitung
Frequenzbereich 1–2 GHz 2–4 GHz 2–4 GHz
Max. Reichweite 300 km 130 km 42 km

Modernisierungen



Marineversion


Die modernisierte Variante Wolna-M (SA-N-1B), inkl. der neuen Lenkwaffe 4K91 (W-601), umfasst folgende Verbesserungen:

Die Modernisierung Wolna-P umfasst folgende Verbesserungen:

Mit der Variante Wolna-N wurde die verbesserte Lenkwaffe W-601M eingeführt, die besonders tieffliegende Ziele besser bekämpfen kann.


Landversion


Bei der ersten Modernisierung S-125M wurde die 4K91-(W-601)-Lenkwaffe eingeführt. Die Rakete basiert auf der Marineversion und besitzt einen neuen Booster und Gefechtskopf. Die nachfolgende Modernisierung S-125M1 (SA-3B) umfasst diverse Verbesserungen. Es wurden Lenkwaffen vom Typ W-601PD, W-601G, W-601GP und W-601GPU eingesetzt.

Das umfangreichste Upgrade wurde im Rahmen des Petschora-2A-Systems vorgenommen. Es wird von der weißrussischen Firma Tetraedr produziert und basiert auf dem S-125M1. Laut Herstellerangaben umfasst diese Modernisierung folgende Verbesserungen:

Darüber hinaus wird die neue 5W27D-Lenkwaffe eingesetzt.

Petschora-2A
Kenngröße Daten
Reichweite 28 km
Minimale Reichweite 3,5 km
Einsatzhöhe 20.000 m
Minimale Einsatzhöhe 20 m
Maximale Zielgeschwindigkeit  700 m/s (2.520 km/h)
Zielerfassung    2,5–3 s
Minimaler RCS 0,5 
ECCM Störfestigkeit 2000 W/MHz

Das Unternehmen arbeitet aktuell an der Nachfolgeversion, dem Petschora-2TM. Es soll die Störfestigkeit nochmals erhöhen (auf 2700 W/MHz).

Polen bietet seit 2001 ein Modernisierungsprogramm für alte S-125-Systeme an. Die Bezeichnung lautet Newa SC. Es wurden viele analoge Teile durch digitale ersetzt und ein IFF-Modul sowie ein Datenlink hinzugefügt. Die Startgeräte sind auf einem T-55-Fahrgestell montiert, das Radar auf einem MAZ-543 (früher für mobile Scud-Starter verwendet).

Im selben Jahr wurden auch die russischen Systeme auf den Petschora-M-Standard modernisiert. Es handelt sich hierbei um eine umfassende Kampfwertsteigerung, die folgende Bereiche umfasst: Raketenmotor, Radar, Lenkung, Gefechtskopf, Näherungszünder und Elektronik. Zudem wurde ein Laser/Infrarot-Zielsystem integriert, um bei optischer Begleitung (Tracking) die Entfernung zu bestimmen.

Petschora-2M
Kenngröße Daten
Reichweite 30 km
Minimale Reichweite 3,5 km
Einsatzhöhe 20.000 m
Minimale Einsatzhöhe   20 m
Maximale Zielgeschwindigkeit 700 m/s (2.520 km/h)
Zielerfassung max. 3 s
Minimaler RCS 0,1–0,15 
ECCM-Störfestigkeit 2.000 W/MHz

Ende 2008 schlossen insgesamt sieben Staaten (Venezuela, Libyen, Syrien, Ägypten, Birma, Vietnam, Turkmenistan) Verträge zur Lieferung von Petschora-2M-Komplexen im Gesamtwert von 250 Mio. US-Dollar ab. Insgesamt sollen 200 Lenkwaffen ausgeliefert werden, wobei 70 an Ägypten gehen.[2]


Einsatz


Eine 5P73-Startrampe der serbischen 250. Raketen-Flugabwehr-Brigade wird mithilfe eines PR-14AM-Transport-LKW mit einer S-125-Rakete bestückt
Eine 5P73-Startrampe der serbischen 250. Raketen-Flugabwehr-Brigade wird mithilfe eines PR-14AM-Transport-LKW mit einer S-125-Rakete bestückt

Das S-125 kam in einigen Konflikten zum Einsatz (Kosovo-Krieg, Zweiter Golfkrieg usw.). Im Allgemeinen erwies sich das System als wenig wirksam, da die gegnerischen Kräfte oft über leistungsfähige EloKa-Kapazitäten verfügten und die Bedienungsmannschaften oft unzureichend ausgebildet waren. Während des Kosovo-Krieges gelang am 27. März 1999 der vielbeachtete Abschuss eines US-Tarnkappenbombers vom Typ F-117 Nighthawk durch eine serbische S-125-Einheit. Die Umstände sind bis heute nicht genau geklärt. Es wird unter anderem vermutet, dass die Serben durch ihren Geheimdienst die genaue Flugroute der F-117 ermitteln konnten. Als gesichert gilt die Tatsache, dass ein Verbund von drei Radargeräten hergestellt wurde, um die Entdeckungswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Auch ist der Einsatz des Videosystems mit Nachtsichtfähigkeiten (oder eines anderen nachgerüsteten EO-Systems) als realistisches Szenario anzusehen.


Benutzerstaaten


Anmerkung: Kursiv angeführte Staaten sind ehemalige Nutzer


Vergleichbare Systeme




Commons: S-125 Newa – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. „Zenith“ Raketen System S-200. bastion-karpenko.ru, private Homepage (russisch).
  2. Russland liefert S-125-Raketen an sieben Staaten. russlandonline.ru (englisch); abgerufen am 29. Dezember 2008

На других языках


- [de] S-125 Newa

[en] S-125 Neva/Pechora

The S-125 Neva/Pechora (Russian: С-125 "Нева"/"Печора", NATO reporting name SA-3 Goa) is a Soviet surface-to-air missile system that was designed by Aleksei Isaev to complement the S-25 and S-75. It has a shorter effective range and lower engagement altitude than either of its predecessors and also flies slower, but due to its two-stage design it is more effective against more maneuverable targets. It is also able to engage lower flying targets than the previous systems, and being more modern it is much more resistant to ECM than the S-75. The 5V24 (V-600) missiles reach around Mach 3 to 3.5 in flight, both stages powered by solid fuel rocket motors. The S-125, like the S-75, uses radio command guidance. The naval version of this system has the NATO reporting name SA-N-1 Goa and original designation M-1 Volna (Russian Волна – wave).

[fr] S-125

Le S-125 Neva/Pechora (terminologie OTAN : SA-3 Goa) est un missile sol-air de fabrication soviétique. Il a été conçu afin de pallier les manques du SA-2, en opérant à plus basse altitude, à des vitesses moindres, et avec un système plus efficace face aux dispositifs de contre-mesure électronique. C'est un missile radiocommandé qui utilise un propulseur à propergol solide.

[it] S-125

L'S-125 (in cirillico: С-125; nome in codice NATO: SA-3 Goa) anche noto come Neva o Pechora, è un sistema missilistico terra-aria sovietico progettato da Aleksei Isaev per ingaggiare velivoli avversari altamente manovrabili, anche a bassa quota, in teatri operativi saturi di contromisure elettroniche.[2]

[ru] С-125

С-125 «Нева» (индекс ракеты — 5В24, экспортное наименование комплекса — «Печора», по классификации МО США и NATO — SA-3 Goa) — советский зенитный-ракетный комплекс малого радиуса действия.



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