VARIG (Viação Aérea Rio Grandense) war eine brasilianische Fluggesellschaft mit Sitz in Porto Alegre und Rio de Janeiro. Der Markenname wurde 2007 durch die ebenfalls brasilianische Gol Transportes Aéreos übernommen, die diesen seit 2010 aber nicht mehr verwendet. Er existiert weiter als Varig Log, Markenname von Varig Logística S.A, einer Frachtfluggesellschaft, die sich 2000 von Varig abgespalten hat und seit 2012 in Insolvenz befindet.
Geschichte
VARIG – Viação Aérea Rio Grandense S.A. wurde am 7. Mai 1927 von dem deutschen Emigranten Otto Ernst Meyer, einem ehemaligen Piloten der deutschen Fliegertruppe des Ersten Weltkrieges, gegründet. Ab dem 15. Juni flog Varig mit einer Dornier Wal zunächst national, ab dem 5. August international. Die erste bedeutende Flugroute absolvierte die Lockheed L-1049G Super Constellation von Rio de Janeiro nach New York mit großem Erfolg, weil die Geschäftsführung attraktive Flugbegleiterinnen auf dieser Strecke einsetzen ließ. Ab Dezember 1959 wurde diese Strecke mit Sud Aviation Caravelle beflogen, die rasch von der Boeing 707 ersetzt wurde, von der 1960 die erste geliefert wurde.
Aufstieg
Im August 1961 kaufte Varig die REAL (REAL Transportes Aéreos Ltda) auf und wurde somit zur größten Fluggesellschaft Südamerikas. Im Februar 1965 wurden Varig von der seinerzeitigen Militärregierung die interkontinentalen Strecken der unter zweifelhaften Umständen bankrott erklärten Panair do Brasil zugeteilt, damals die führende Fluggesellschaft Brasiliens, und mehrere DC-8, welche diese bedienten. Die Inlandstrecken absolvierte die Hawker Siddeley 748 ab November 1967. Sie ersetzte die Douglas DC-3 und die Convair CV-240. In den 1960ern wurden weitere Boeing 707 geliefert, mit denen Varig Tokio und Johannesburg anflog.
Das erste Großraumflugzeug, eine McDonnell Douglas DC-10-30, wurde am 29. Mai 1971 geliefert.
Nach und nach kaufte Varig kleinere Fluglinien auf, u.a. die Cruzeiro do Sul, die trotz ihres neuen Besitzers bis 1993 ihre Identität nicht verlor. Am 30. Januar 1981 wurde die erste Boeing 747 an Varig geliefert[1] und im Juni 1981 der erste Airbus A300.[2]
Varig trennte sich im Jahr 1998 von ihren letzten Boeing 747-300. Es gingen vier Boeing 747 an Cathay Pacific Airways, jeweils eine an die Focus Air, an die Atlas Air, an die South African Airways, welche das Flugzeug bereits zwei Jahre nach dem Kauf verschrotten ließ, und an die Garuda Indonesia. Iberia und Air New Zealand kauften die zwei übriggebliebenen Maschinen. Die Airbus A300 verblieb ohnehin nur wenige Jahre in der Flotte und wurde bereits Ende der 1980er Jahre abgestoßen. Seitdem dominierte die McDonnell Douglas MD-11 die Varig-Langstreckenflotte, unterstützt durch die Boeing 767. Ähnlich wie bei Delta und American wurde die 747 aus dem Streckennetz genommen, eine Tendenz des vergangenen Jahrzehntes. Im Oktober 1989 verlor Varig das Monopol auf internationale Linienflüge, so dass auch andere brasilianische Gesellschaften wie die Transbrasil internationale Flugverbindungen aufnehmen konnten.
Sinkflug
Ein zunehmender Konkurrenzkampf im brasilianischen Markt setzte der Varig stark zu. Ihr Marktanteil sank auf unter 30%, während TAM Linhas Aéreas mit 43% zum Marktführer avancieren konnte und der Newcomer Gol Transportes Aéreos mittlerweile 28% des Marktes kontrollierte. Verkorkste Managementstrukturen und die aufgrund der finanziellen Situation nur schwache Gegenwehr im Verdrängungswettbewerb ließen Brasiliens einstigen Nationalstolz in einen unkontrollierten Sinkflug stürzen. Die Varig-Gruppe hatte inzwischen Verbindlichkeiten von mehr als drei Milliarden US-Dollar mit brasilianischen, staatlichen Gläubigern angehäuft.[3] Die brasilianische Regierung versuchte 2003 einen Zusammenschluss mit der TAM zu erwirken.[4] Obwohl schon die ersten Schritte der Fusion getroffen wurden, scheiterte das Vorhaben.
Im Juli 2005 beantragte die Varig Gläubigerschutz, um die Beschlagnahmung ihrer Flugzeuge durch Gläubiger zu verhindern. Am 20. Juli 2006 wurde sie für 24 Mio. US-Dollar an die frühere Cargo-Tochter Varig Log versteigert. Der Kaufpreis gilt in Fachkreisen als äußerst niedrig für eine derartige Fluggesellschaft. Die Käuferin und einzige Bieterin sicherte Investitionen von 485 Mio. Dollar zu, um die Varig vor dem Aus zu retten. Um den Schuldenberg der alten Varig nicht bedienen zu müssen, wurde die neue Varig – VRG Linhas Aéreas in Form einer eigenständigen Gesellschaft gegründet.
Am 21. Juli 2006 wurden bis auf Frankfurt am Main und Buenos Aires alle internationalen Verbindungen eingestellt. In Brasilien blieben lediglich Porto Alegre, Recife, Salvador, Fortaleza, Rio de Janeiro und São Paulo im Streckennetz.
Am 14. Dezember 2006 wurden der neuen Varig alle nötigen Betriebsgenehmigungen, inklusive der besonders wichtigen Zertifizierung als Lufttransportunternehmen (Certificação de Homologação de Empresas de Transporte Aéreo – CHETA) von der Nationalen Agentur für Zivilluftfahrt Brasiliens (Agência Nacional de Aviação Civil – ANAC) verliehen.[5]
Allerdings bedeutete die Übernahme der alten Varig durch die VRG Linhas Aéreas das Ende der Mitgliedschaft in der Star Alliance, einem wichtigen Marketing-Instrument, zum 31. Januar 2007.[6] Die offizielle Begründung lautete, dass die Varig nach dem Übergang in die neue Gesellschaft nicht mehr die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft erfüllt. Tatsächlich war sie für die Star Alliance aufgrund ihres ausgedünnten Streckennetzes im Heimatland wertlos geworden.[7]
Der Präsident der Varig, Guilherme Laager, teilte am 8. Januar 2007 mit, dass noch im Januar 2007 zehn weitere Maschinen beschafft werden sollten und die VRG Linhas Aéreas bis Ende des Jahres 2007 wieder 20 Prozent des Inlandsflugverkehrs innehaben sollte. Zeitweise wurden mit der Star Alliance und der Oneworld Alliance Verhandlungen über eine Aufnahme geführt.
Verkauf
Im April 2007 wurde Varig für 320 Mill. Dollar (240 Mill. Euro) durch die brasilianische Fluggesellschaft Gol übernommen. Ab Mitte Juni 2007 flog Varig neben São Paulo auch wieder Rio de Janeiro separat aus Frankfurt am Main an, womit sich die Zahl der Flüge auf 14 pro Woche erhöhte. Anfang 2008 teilte Varig mit, die Flüge nach London per 1. März 2008 und diejenigen nach Frankfurt am Main und Rom per 29. März 2008 einzustellen. Die Flüge nach Mexiko-Stadt wurden am 11. Mai 2008, die nach Madrid am 12. Mai 2008 eingestellt. Als letztes Flugziel außerhalb Südamerikas blieb damit Paris. Zunächst war die Einstellung dieser Flüge für den 9. Juni 2008 vorgesehen, doch wurde dieser Termin wegen der immer noch vorhandenen Nachfrage auf den 31. August 2008 verschoben. Seitdem flog die VARIG keine Ziele außerhalb Südamerikas mehr an. Die zwei Langstreckenflugzeuge Boeing 767 wurden von der Muttergesellschaft Gol übernommen, flogen aber zunächst noch in Varig-Bemalung.
Einstellung der Flüge
Im Juni 2009 wurden alle eigenständigen Flüge eingestellt. Somit hatte Varig ab diesem Zeitpunkt keinen eigenen Flugbetrieb mehr. Die Flugzeuge wurden danach auf Flugstrecken der Gol eingesetzt. Nach über 70 Jahren Erfahrung der ehemaligen Varig in der Luftfahrt betrieb Varig Log noch unabhängige Flugstrecken als Frachtluftfahrtgesellschaft zwischen August 2000 und Februar 2012.
Flotte
Flotte bei Betriebseinstellung
Im Juni 2010 verfügte die Varig über 26 Flugzeuge, die alle der Flotte der Muttergesellschaft Gol entstammten:[8]
12 Boeing 737-700
09 Boeing 737-800
01 Boeing 767-200ER
04 Boeing 767-300ER
Zuvor eingesetzte Flugzeuge
Zuvor betrieb VARIG unter anderem auch folgende Flugzeugtypen:[9][10]
Von 1942 bis zur Betriebseinstellung 2009 kam es bei VARIG zu 38 Totalverlusten von Flugzeugen, 20 davon mit 439 Todesopfern.[11] Beispiele:
Am 7. April 1957 verunglückte eine gerade in Bagé nach Porto Alegre gestartete Curtiss C-46A der VARIG (Luftfahrzeugkennzeichen PP-VCF) aufgrund eines Feuers im Fahrwerkschacht. Dessen Intensität führte zum Abbrechen der linken Tragfläche, woraufhin das Flugzeug auf das Flughafengelände stürzte. Die fünfköpfige Besatzung sowie die 35 Passagiere wurden getötet.[12]
Am 16. August 1957 wurde eine Lockheed L-1049 Super Constellation der VARIG (PP-VDA) 500 Meter vor der Küste bei Cabarete (Dominikanische Republik) notgewassert. Die Maschine war vom damaligen Flughafen Santo Domingo mit nur drei funktionierenden Triebwerken zu einem Überführungsflug nach Miami gestartet. Nach etwa 30 Minuten geriet Motor Nummer 4 außer Kontrolle, brach ab und setzte auch das benachbarte Triebwerk 3 außer Betrieb. Mit lediglich dem verbliebenen Motor Nummer 1 konnte knapp die Küste erreicht werden. Eines der Besatzungsmitglieder kam ums Leben (siehe auch Flugunfall der VARIG bei Cabarete).[13][14]
Am 27. November 1962 verunglückte eine Boeing 707-441(PP-VJB) im Landeanflug auf den Flughafen Lima, als sie in die Seite des Berges La Cruz geflogen wurde. Alle 80 Passagiere und die 17 Besatzungsmitglieder wurden getötet. Es konnte nicht ermittelt werden, warum die Maschine von ihrem Kurs abgekommen war.[15]
Am 5. März 1967 verunglückte eine Douglas DC-8-33(PP-PEA) der VARIG auf dem Flug 837 von Rom nach Monrovia. Der Kapitän hatte versäumt, rechtzeitig vor der Landung den Sinkflug einzuleiten. Als er die Befeuerung des Flughafens von Monrovia erblickte, leitete er bei schlechten Sichtverhältnissen einen zu steilen Sinkflug nach Sichtflugregeln ein. Die DC-8 schlug 1,8 Kilometer vor der Landebahn auf (Controlled flight into terrain). Dabei starben der Flugingenieur, 50 Passagiere und fünf Personen am Boden. Von den restlichen Insassen überlebten 21 Passagiere und 18 Besatzungsmitglieder den Unfall. Im Untersuchungsbericht wurde kritisiert, dass die 18 überlebenden Besatzungsmitglieder sich nicht sonderlich bemühten, bei der Evakuierung der verbliebenen Passagiere im Flugzeug mitzuwirken (siehe auch VARIG-Flug 837).[16][17]
Am 9. Juni 1973 befand sich eine Boeing 707-327C (PP-VLJ) Frachtmaschine der VARIG im Flug von São Paulo zum Flughafen Rio de Janeiro-Galeão, als einer der beiden Piloten kurz vor der Landung versehentlich die Störklappen aktivierte. Die Maschine ging daraufhin aus einer Höhe von 70 Metern in einen steilen Sinkflug über, streifte die Anflugbefeuerung und schlug hart auf dem Boden auf, wobei zwei der vier Besatzungsmitglieder an Bord ums Leben kamen (siehe auch Flugunfall einer Boeing 707 der VARIG bei Rio de Janeiro 1973).[18]
Am 11. Juli 1973 brach an Bord einer Boeing 707-345C(PP-VJZ) der VARIG ein Feuer aus. Die Maschine befand sich auf dem Flug von Rio de Janeiro zum Flughafen Paris-Orly. Den Piloten gelang eine Notlandung etwa 5 Kilometer vor dem Flughafen. Zehn Besatzungsmitglieder verließen das Flugzeug, während 7 weitere und 116 von 117 Passagieren starben. Mit einer Ausnahme starben die 123 Opfer durch das Einatmen der Brandgase (Rauchvergiftung) (siehe auch Hauptartikel VARIG-Flug 820).[19]
Am 30. Januar 1979 verschwand eine Frachtmaschine des Typs Boeing 707-323C der VARIG (PP-VLU) aus unbekanntem Grund spurlos über dem Pazifik, nachdem sie den Radarbereich der Flugsicherung ca. 200 Kilometer vor der japanischen Küste verlassen hatte. Der Verbleib des Flugzeugs konnte nicht aufgeklärt werden. Auch die sechsköpfige Besatzung wird seither vermisst (siehe auch VARIG-Flug 967).[20]
Am 3. Januar 1987 kehrte die Flugbesatzung einer Boeing 707-379C (PP-VJK) der VARIG auf dem Weg nach Rio de Janeiro zwanzig Minuten nach dem Start vom Flughafen Abidjan aufgrund einer Feuerwarnung an einem Triebwerk zurück und stellte das Triebwerk ab.
Im Anflug auf den Flughafen kam es in der mondlosen Nacht zu räumlicher Desorientierung, Strömungsabriss und Kontrollverlust. Das Flugzeug stürzte 18 Kilometer nordöstlich des Platzes ab und ging in Flammen auf. Von den 12 Besatzungsmitgliedern und 39 Passagieren überlebte nur ein Passagier (siehe auch VARIG-Flug 797).[21]
Am 3. September 1989 kam es mit einer Boeing 737-241 der VARIG (PP-VMK) zu einer Bruchlandung im zentralen Amazonas-Regenwald, nachdem die Piloten den Flughafen Belém nicht finden konnten und der Maschine der Treibstoff ausgegangen war. Die Maschine wurde erst 2 Tage später gefunden, rund 1100 Kilometer von ihrem eigentlichen Flugziel entfernt. Ursächlich war, dass die Piloten nach dem Start aufgrund einer missverständlich dargestellten Kursangabe auf dem Flugplan einen falschen Kurs (270° statt 027°) in den Autopiloten eingaben – ein Fehler, den sie in der Finsternis bis zum Ausgehen des Treibstoffs nicht bemerkten. Von den 54 Insassen überlebten 41, jedoch kamen 13 ums Leben (siehe auch VARIG-Flug 254).[22]
Am 14. Februar 1997 knickte das rechte Hauptfahrwerk einer Boeing 737-2C3 der VARIG (PP-CJO) während der Landung auf dem Flughafen Carajás nach hinten um. Die Maschine kam nach rechts von der Rollbahn ab und rutschte in den Wald. Unter den 52 Personen an Bord war der Erste Offizier das einzige Todesopfer (siehe auch VARIG-Flug 265).[23]
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