Der Kamow Ka-52Alligator (russischКамов Ка-52 Аллигатор, NATO-Codename Hokum-B) ist ein zweisitziger russischer Kampfhubschrauber mit Koaxialrotor. Er ist eine Weiterentwicklung des Kamow Ka-50 „Schwarzer Hai“.
Kamow Ka-52 Alligator
Serienversion des Kamow Ka-52 „Alligator“ im Einsatz bei der russischen Luftwaffe
Der Ka-52 wurde von Kamow als Nachfolger der Mil Mi-24 aus dem einsitzigen Kamow Ka-50 weiterentwickelt. Während der erste Prototyp bereits im Jahr 1997 seinen Erstflug hatte, lief die Serienproduktion erst am 29.Oktober 2008 an. Danach wurden die verschiedenen Prototypen mit anderen Systemen ausgerüstet. Die Produktion erfolgt im Flugzeugwerk AAK Progress in Arsenjew, Region Primorje.[2]
Seit 2012 ist die Fertigungslinie so konzipiert, dass der komplette Bau mit Überprüfungen bis zur Endauslieferung neun Monate in Anspruch nimmt. Zum genannten Zeitpunkt waren lediglich sechs Einheiten gleichzeitig im Bau, wobei bei Exportbestellungen eine weitere Fertigungslinie nebenan aufgebaut werden könnte.[3]
Konstruktion
Kamow Ka-52
Im Gegensatz zu konventionellen Kampfhubschraubern sitzen die beiden Flugzeugführer im Ka-52 nicht hintereinander, sondern nebeneinander, was zu einer Verbreiterung des Rumpfbugs führte. Die beiden Piloten verfügen über je einen Swesda K-37-800-Schleudersitz. Die beiden Schleudersitze sind Teil eines automatischen Rettungssystems, das die beiden Piloten in einer Notsituation innerhalb von Sekundenbruchteilen nach dem Absprengen der Rotorblätter mit dem Katapultsitz ausschießt. Das Cockpit ist gegen Flak-Geschosse bis zum Kaliber 20mm gepanzert.
Die modernen Multifunktionsanzeigen in der Pilotenkanzel und die Anordnung der Bedienelemente lassen die Steuerung des Hubschraubers durch beide Piloten zu. Die Antriebskomponenten und das Rumpfheck wurden von der Ka-50 übernommen. An den Enden der Stummelflügel wurden zwei weitere Aufhängepunkte zugefügt. Die sechs internen Kerosin-Treibstofftanks aus Gummi/Faser-Material sind mit Gummibeschichtungen und Polyurethan-Schaumstofffüllungen explosionssicher ausgekleidet.[4] Alle Antriebsräume sowie die Einbauräume der Treibstofftanks sind mit automatischen Feuerlöschsystemen ausgerüstet. Der Hubschrauber ist so konstruiert, dass er ganzjährig bei arktischen bis wüstenähnlichen Gegenden im Freien der Witterung ausgesetzt werden kann. Der Tradition der sowjetischen Heeresflieger folgend werden die Hubschrauber lediglich mit einer Abdeckplane über dem Cockpit vor Witterungseinflüssen geschützt.
Einsatzspektrum
Im Kampfeinsatz sollte der Ka-52 Gruppen von Kampfhubschraubern (Mi-24/35, deren Sensor „Raduga-F“ maximal 5000m Aufklärungsreichweite aufweist[5]) führen und die Zielzuweisung übernehmen. Hierzu ist er mit dem neuen Datenlink-System „Breeze“[6] ausgerüstet, das Video-, Bild- und Radardaten in Echtzeit zu den Kampfhubschraubern der Gruppe übermitteln kann.
Der Hubschrauber soll primär für Kampfeinsätze wie z.B. gegen feindliche Hubschrauber und FlaRak-Systeme und sekundär auch für Trainingsaufgaben im Bezug auf die Schulung von Ka-50-Piloten benutzt werden. Um auf einen Flugsimulator verzichten zu können, kann ein Flug über PC-Einspeisung auf den Instrumenten und Anzeigen am Boden simuliert werden.
Die russische Marine plante die Beschaffung von Hubschrauberträgern der französischen Mistral-Klasse, auch als Plattform für den Ka-52.[7] Nach der Aufhebung des Kaufvertrages im Zuge des Krieges in der Ukraine und der Besetzung der Krim will Russland nun eigene Hubschrauberträger entwickeln.[8]
Zielsuchsysteme
In einem schwenkbaren Zylinder unterhalb der Bugnase ist direkt vor dem Bugfahrwerk ein „Gyrostabilised Optical Electronic System“ (GOES oder kreiselstabilisiertes elektro-optisches System) installiert. Das JSC (früher PA UOMZ) GOES-451 bzw. das GOES-520-System beinhaltet das Samschit-BM-System und verfügt über verschiedene TV-, RLV- und WBG-Kameras, Laserzielbeleuchtung und -entfernungsmesser. Im Bug befindet sich ein Fasotron-NIIR-Mjetsch-U-Millimeterwellenradargerät mit der Bezeichnung FH01Arbalet-52. Bei den Prototypen war das ältere System in drei Kugeldrehtürmen (einer über dem Cockpit und zwei unter der Nase) installiert. In einem rechteckigen Behälter an der äußeren Aufhängestation kann zudem das Multifunktions-Radar „FH01Arbalet“ mitgeführt werden, das Luft-, Boden- und Seeziele auf bis zu 15km Entfernung orten und Lenkwaffen ins Ziel führen kann.
Varianten
Vorserienversion des Ka-52 bei einer Vorführung 2009
Ka-52 „Alligator“
Vorserienmaschinen, welche noch mit Sensorkugeln auf dem Rotormast oder in der Nase erprobt wurden.
Serienmaschinen mit veränderter elektronischer Ausstattung.
Ka-52K „Katran“
Marinevariante für den Einsatz auf den Hubschrauberträgern der Mistral-Klasse mit einem gewichtsreduzierten, jedoch leistungsstarken Fasotron-Schuk-AE-Radargerät im Bug und Schiffsabwehr-Lenkwaffen, die Rotorblätter und die Stummelflügel sind beiklappbar. Der Rumpf wird gegen Seewasser mit speziellen Metalllegierungen weniger korrosionsanfällig gestaltet. Das Cockpit wurde derart umgerüstet, dass die Piloten mit Trockentauchanzügen und Tauchrettern darin Platz finden. Für den Notfall wurden automatisch aufblasbare Luftkissen am Rumpf installiert, die den Hubschrauber nach einer Wasserung am sofortigen Sinken hindern.
Technische Daten
Vorserienversion des Ka-52 um 2000Cockpit des Ka-52
Bewaffnung bestehend aus einer 30-mm-Maschinenkanone 2A42, 9K121 Wicher (PAL) und B-8W20 (Raketenwerfer) an einem bauähnlichen Ka-50
Fest installierte Bewaffnung
1 × 30-mm-Maschinenkanone Schipunow 2A42 mit 460Schuss Munition (panzerbrechende oder Sprengsplittergeschosse) in zwei Trommelmagazinen an der Steuerbordseite.
Außenlaststationen
Bis zu 2000 kg Bewaffnung an sechs BD3-UW-Außenlaststationen unter den beiden Stummelflügeln.
6 × Basalt KMGU-2 (270-kg-Submunitionsbehälter für Kleinbomben und Minen)
2 × Maschinenkanonen-Behälter UPK-23-250 (doppelläufige 23-mm-Maschinenkanone GSch-23 mit 260Schuss Munition)
4 × abwerfbare Zusatz-Treibstofftanks PTB-550 mit 550Litern (130 US gal) Kerosin
Selbstverteidigungssysteme
Vorführmaschine „Gelbe 99“ des Ka-52, L-370-System ist bereits montiert
Der Ka-52 verfügt über ein vollintegriertes und automatisches Selbstverteidigungssystem „Witebsk“ L-370W52 von NII Ekran FGUP.[12] Dieses setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
4 × UW-26-Täuschkörperwerfer mit je 32×26,6-mm-Hitzefackel-Täuschkörpern(OMI-PPI-26 oder Adros PIK-26). Die Werfer sind in zwei aerodynamischen Verkleidungen an den Enden der Stummelflügel angebracht. Ein aktiver Radarstörsender L-370-3 ist in Entwicklung, jedoch noch nicht in das Witebsk-System integriert.
2 × Abgaskühldiffusoren (Die Triebwerksauslässe können mit Luftmischern versehen werden, welche die Wärmeabstrahlung der Abgase durch Vermischung mit Frischluft stark verringern.)
2 × EKSP-46-Signalraketenwerfer für je vier Signalraketen (Rot, Orange, Grün und Gelb) beidseitig im Heckausleger integriert
Zwischenfälle
Am 13. März 2012 stürzte ein Ka-52 in der Region Twer ab. Ein Pilot kam ums Leben, der andere wurde verletzt.[15]
Am 29. Oktober 2013 stürzte ein Kamow Ka-52 in Moskau im südöstlichen Stadtteil Wychino-Schulebino in einem Park ab und fing Feuer. Beide Piloten erlitten Verletzungen. Als Ursache wird ein technischer Defekt vermutet.[16]
Einsatz
Bürgerkrieg in Syrien seit 2011
Ka-52 der russischen Luftstreitkräfte wird seit 2016 im Rahmen des Militäreinsatzes in Syrien eingesetzt.[17][18] Er galt dort im Gegensatz zur Mi-28N als ausgereift.[19] Am 7. Mai 2018 stürzte ein Ka-52 im Osten Syriens ab. Es wird ein technischer Defekt vermutet. Beide Besatzungsmitglieder kamen bei dem Vorfall ums Leben.[20]
Russischer Überfall auf die Ukraine
Beim russischen Überfall auf die Ukraine setzen die Streitkräfte Russlands den Ka-52 ein. Bis Mitte August wurden mindestens 16 Ka-52 abgeschossen, am Boden zerstört oder gingen aus technischen Gründen verloren.[21][22][23][24][25][26]
Am 25. Oktober 2022 schrieb das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse, seit Beginn der Invasion gebe es mindestens 23 bestätigte Verluste des Ka-52 – mehr als ein Viertel der in Betrieb befindlichen Flotte von 90 Ka-52 und fast die Hälfte der gesamten Hubschrauberverluste Russlands in der Ukraine. Sie hätten weniger Schutz durch Kampfjets als eigentlich in der russischen Militärdoktrin vorgesehen. Die meisten Ka-52 seien von tragbaren Flugabwehrsystemen abgeschossen worden.[29]
Am 31. Oktober wurden zwei russische Ka-52 abgeschossen.[30] Zwei Ka-52 wurden auf einem russischen Luftstützpunkt bei Pskow zerstört und zwei weitere schwer beschädigt, vermutlich durch Sabotage.[31]
Nutzerstaaten
Aktuelle Nutzer
AgyptenÄgypten – Ab dem Januar 2018 befinden sich 3 Ka-52 im Dienst der ägyptischen Luftstreitkräfte.[32] Die Ka-52 wurden bereits bis zum Mai 2018 gegen terroristische Ziele auf der Sinai-Halbinsel eingesetzt. Von den insgesamt 46 bestellten Ka-52, werden die restlichen 43 Hubschrauber in der Version Ka-52K „Katran“ ausgeliefert.[33]
RusslandRussland – Ab dem 8. Juli 2019 befinden sich 130 Ka-52 im Dienst der russischen Luftstreitkräfte.[34] Von den gefertigten Prototypen stürzte einer ab.[35] Nach Kenntnissen der Zeitung Kommersant sollen die russischen Luftstreitkräfte bis zum Jahr 2027 über insgesamt 260 Ka-52 verfügen.[19] Die im Dienst stehenden Ka-52 sollen u.a. in folgenden Einheiten disloziert sein:
Zentrum für Ausbildung der Fliegerkräfte in Torschok
The International Institute for Strategic Studies (IISS): The Military Balance 2018. 1. Auflage. Routledge, London 2018, ISBN 978-1-85743-955-7, S.199,206 (englisch, Stand: Januar 2018, 122 Ka-52).
David Böcking, Mitsuo Martin Iwamoto:(S+) Wie der Ukraine-Krieg die Landwirtschaft und damit die Versorgung von Millionen Menschen bedroht. In: Der Spiegel. 9.März 2022, ISSN2195-1349 (spiegel.de[abgerufen am 9.März 2022]).
The International Institute for Strategic Studies (IISS):The Military Balance 2018. 1. Auflage. Routledge, London 2018, ISBN 978-1-85743-955-7, S.332 (englisch, Stand: Januar 2018).
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