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Die Heinkel He 219 „Uhu“ war ein zweimotoriger Nachtjäger des Flugzeugherstellers Heinkel. Als erstes Flugzeug weltweit war die Maschine serienmäßig mit Schleudersitzen für die zweiköpfige Besatzung ausgerüstet. Die He 219 war mit einem „Lichtenstein“-Bordradargerät ausgestattet und wurde im Zweiten Weltkrieg ab Juni 1943 eingesetzt.

Heinkel He 219 Uhu
TypNachtjäger
Entwurfsland

Deutsches Reich NS Deutsches Reich

Hersteller Ernst Heinkel Flugzeugwerke
Erstflug 6. November 1942
Produktionszeit

Anfang 1943 bis April 1945

Stückzahl etwa 280

Entwicklung


Ursprünglich war unter dem Namen Heinkel He 219 ein dem Konzept der Heinkel He 119 aus dem Jahr 1936 entsprechendes zweimotoriges Aufklärungs- und Kampfflugzeug geplant, bei dem zur Verringerung des Luftwiderstandes beide Motoren im Rumpf untergebracht waren und auf zwei gegenläufige Propeller in der Flugzeugnase wirkten.

Vom Beginn ihrer Entwicklung 1940 an wurde die He 219 als erstes Flugzeug der Luftwaffe explizit als Nachtjäger entworfen. Für diese Verwendung musste das ursprüngliche Konzept aufgegeben werden, weil es unmöglich gewesen wäre, die notwendigen Bordwaffen durch die gegenläufigen Luftschrauben synchronisiert schießen zu lassen. Auch die für den ersten Entwurf vorgesehenen Motoren vom Typ Daimler-Benz DB 613 – zwei gekoppelte DB 603 mit Abgasturbolader und MW-50-Einspritzung – sowie die später auch in Erwägung gezogenen Doppelmotoren DB 610 (Zwischenlösung) und DB 615 waren in der Planungs- und Entwicklungsphase nicht verfügbar, was auch zu einem Verzicht auf das ursprüngliche Konzept führte. Aufgrund dieser Überlegungen entstand ein neuer Entwurf mit zwei konventionellen Motorgondeln unter den Tragflächen.


Technische Beurteilung


Durch die gute Flugstabilität, das Bugradfahrwerk und das doppelte Seitenleitwerk war die He 219 auch unter den für Nachteinsätze typischen schwierigen Bedingungen sicher zu handhaben.

Das Leistungsvermögen lag deutlich über dem des älteren Musters Bf 110. Dass bei Abschussvergleichen ab Juni 1944, bei denen Einsätze zur selben Zeit und in demselben Angriffszeitraum betrachtet wurden, die Flugzeugführer der II. Gruppe (Bf 110) des NJG 1 regelmäßig mehr Bomber abschossen als die He-219-Piloten der I. Gruppe des gleichen Geschwaders[1], ist wohl damit zu erklären, dass die Bf-110-Piloten die Eigenheiten ihrer Maschinen durch die längere Einsatzzeit besser kannten und zu ihrem Vorteil ausnutzen konnten.


Mosquito-Jäger


Taktisch erwies sich der Mangel an deutschen Hochleistungsmotoren als Nachteil. Obwohl die Leistung der He 219 die der anderen deutschen Standard-Nachtjäger übertraf und sie mit großem Erfolg gegen die schweren Bomber der Royal Air Force eingesetzt wurde, war sie nicht schnell genug, um mit der als Bomber und später in zunehmendem Maße ebenfalls als Nachtjäger eingesetzten de Havilland DH.98 Mosquito mithalten zu können. Zwar hatten He-219-Prototypen bereits 1943 einige Mosquito-Bomber abgeschossen, aber neuere Versionen der Mosquito mit leistungsgesteigerten Motoren waren zu schnell für die He 219.

Um ein Abfangen der Mosquito-Bomber zu ermöglichen, wurde daher eine leichtgewichtige Kleinserie mit Höhenmotoren und schwächerer Bewaffnung aufgelegt, die He 219 A-6, die 650 km/h in 12.000 m Höhe erreichen konnte. Mit dieser Kleinserie stellten sich auch Erfolge gegen diese schwer abzufangenden Schnellbomber ein. Eine einzige Heinkel He 219 des Typs A-7/R-6 erreichte 700 km/h Höchstgeschwindigkeit.[2]

Um den gegen schwere Bomber eingesetzten He-219-Varianten eine Verteidigungsmöglichkeit gegen die Mosquito-Fernnachtjäger zu verleihen, wurde später eine dreisitzige Variante He 219C mit zusätzlichem Heckschützen geplant, die aber nicht mehr in die Serienproduktion ging.


Fronteinsatz


In der Nacht vom 11. auf den 12. Juni 1943 flog Major Werner Streib gemeinsam mit seinem Bordfunker Fischer den ersten Fronteinsatz mit einem He-219-Nachtjäger, wobei er innerhalb kurzer Zeit fünf schwere britische Bomber vom Typ Avro Lancaster abschoss. Beim anschließenden Landeanflug auf den Fliegerhorst Venlo (Niederlande) kam es aufgrund beschlagener Scheiben, eines Instrumentenschadens und eines Fehlers an der Landeklappenarretierung zu einer Bruchlandung, wobei die Maschine in mehrere Teile zerbrach. Die Besatzung blieb dabei unverletzt.

Schätzungsweise 60 Besatzungsmitglieder konnten sich während des Krieges mit dem Schleudersitz aus einer havarierten He 219 retten.[3][4]

Die He 219 hatte für die Piloten einen großen Vorteil gegenüber den herkömmlichen Nachtjägern: In allen anderen Flugzeugen wurden sie durch das Mündungsfeuer der eigenen Waffen geblendet. Durch die Anordnung der Bordwaffen mehr als zwei Meter hinter und unter der Pilotenposition wurde eine Blendung vermieden.

Die He 219 wurde bei folgenden Einheiten eingesetzt:[1]


Produktion


Die Maschine wurde in den Heinkel-Werken Rostock-Marienehe und Wien-Schwechat/Heidfeld produziert. Rostock lieferte bis 31. März 1943 vier Prototypen ab. 104 A-0 wurden zwischen Anfang 1943 und Juni 1944 produziert (95 in Wien, 9 in Rostock). Die ersten 40 Flugzeuge aus Wien und die ersten vier Flugzeuge aus Rostock erhielten DB-603-A-Triebwerke, die folgenden den DB 603 Aa. Laut Monatsmeldungen wurden ab Juli bis November 1944 insgesamt 95 A-2 gebaut (15 in Wien, 80 in Rostock). Die Produktionsprogramme nennen jedoch nur 85 gebaute A-2. Wo die Differenz liegt, ist unbekannt. Ab Dezember 1944 nahm Heinkel die Produktion der Version A-7 auf. Die Luftwaffe erhielt im Dezember 1944 und Januar 1945 weitere 59 Flugzeuge, davon vier A-7 im Dezember 1944 und eine B-1 im Januar 1945 aus Wien, den Rest aus Rostock. 28 weitere He 219 wurden bis zum 6. April 1945 ausgeliefert (ohne vor der Auslieferung beschädigte und zerstörte Flugzeuge). Es handelt sich dabei vermutlich um die Version A-7, da sich für März und April 1945 nur noch diese Version nachweisen lässt. Somit wurden 86 A-7 produziert. Insgesamt wurden 276 bzw. 286 Serienflugzeuge und vier Prototypen der He 219 gebaut.

Die Luftwaffe erhielt 252 He 219 von Oktober 1943 bis April 1945 zugeteilt. Nachweislich sind zwölf Flugzeuge vor der Auslieferung zerstört worden. Der Rest der Differenz zu den Bauzahlen wurde sicherlich den Erprobungsstellen zugeteilt und/oder ebenfalls vor ihrer Auslieferung zerstört. 201 He 219 gingen an die Luftflotte Reich. Zwischen Januar und April 1945 wurden 24 He 219 der OKL-Reserve zugewiesen, da die Nachtjagdgeschwader keinen Bedarf mehr an diesen Flugzeugen hatten.

In Oktober und November 1944 wurden insgesamt 15 Flugzeuge bei Heinkel Rostock von A-0 in A-2 umgebaut.[5]


Varianten


Es wurde eine Vielzahl von Varianten und Rüstsätzen entworfen. Eine vollständige Übersicht ist fast unmöglich, da jeweils gleiche Rüstsätze je nach Basisversion unterschiedlich bezeichnet wurden. Ferner wurde wie auch bei anderen Nachtjagdflugzeugen die endgültige Ausrüstung erst in der Frontschleuse zusammengestellt. Dies betraf insbesondere die Funkgeräteausrüstung (Radar) und oft auch die Bewaffnung. Die folgende Aufstellung stellt daher nur die Grundversionen und einige häufig verwendete oder herausragenden Varianten dar[1][6].


Technische Daten


Vierseitenriss der He 219A-7/R1
Vierseitenriss der He 219A-7/R1

Heinkel He 219 A-2 „Uhu“


Erhaltene Exemplare


Rumpf und Tragflächen der He 219 A-2 im Steven F. Udvar-Házy Center
Rumpf und Tragflächen der He 219 A-2 im Steven F. Udvar-Házy Center
Rumpf der He 219 A-2 im Steven F. Udvar-Házy Center
Rumpf der He 219 A-2 im Steven F. Udvar-Házy Center

Am 16. Juni 1945 übernahm der U.S. Army Air Force Intelligence Service im Rahmen der „Operation LUSTY“ (Luftwaffe Secret TechnologY) drei He 219 des Nachtjagdgeschwader 1 in Grove. Die Flugzeuge wurden flugfähig gemacht und nach Cherbourg in Frankreich überführt. An Bord des Geleitflugzeugträgers HMS Reaper gelangte die He 219 A-2 mit der Werknummer 290202 zusammen mit weiteren beschlagnahmten bzw. erbeuteten deutschen Flugzeugen in die Vereinigten Staaten. Dort wurde sie auf dem Ford-Field in Newark, New Jersey wieder zusammengebaut und bekam die Registriernummer FE-614, später T2-614. Zusammen mit der zweiten He 219, einem A-5-Prototyp auf Basis einer A-2 mit der Werknummer 290060 (FE-613), wurde sie für Flugtests zum Freeman-Field in Indiana geflogen. Das weitere Schicksal der Werknummer 290060 ist unbekannt. Nach den Tests wurde die Werknummer 290202 zum Orchard Place Flughafen in Park Ridge, Illinois gebracht, dort in einem leer stehenden Flugzeugwerk aufbewahrt und am 3. Januar 1949 in das National Air Museum des Smithsonian überführt. Anfang 1955 wurde die He 219 zu einem Lager des Smithsonian in Silver Hill in Maryland verfrachtet. Momentan wird die He 219 A-2 Werknummer 290202 der Sammlung des National Air and Space Museum restauriert. Der Rumpf ist im Steven F. Udvar-Házy Center am Washington Dulles International Airport bereits ausgestellt, während die Tragflächen noch im Paul E. Garber Komplex in Suitland, Maryland präpariert werden. Der Rumpf der „290202“ wird dort direkt neben den letzten erhaltenen Exemplaren der Dornier Do 335 und der Arado Ar 234 gezeigt, die es bereits über 60 Jahre zuvor auf der Reise über den Atlantik an Bord der HMS Reaper begleitet hatte.

Am 23. April 2012 wurde in der Tannisbucht vor der Küste Jütlands (Dänemark) das Wrack einer He 219 gehoben.[12] Das Flugzeug wird zurzeit im Aalborger Forsvars- und Garnisonsmuseet konserviert und soll anschließend ausgestellt werden. Eine Komplettrestaurierung ist nicht vorgesehen.[13] Version und Werknummer sind noch nicht bekannt.


Vergleichbare Typen



Siehe auch



Literatur




Commons: Heinkel He 219 – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise


  1. Gebhard Aders: Geschichte der deutschen Nachtjagd. 1917–1945. 1. Auflage. Motorbuch-Verlag, Stuttgart 1977, ISBN 3-87943-509-X.
  2. William Green: „Fighters Volume 1“. MacDonald publishing, London, S. 135.
  3. Heinz Bensberg: Ahoi, der Erfinder des Schleudersitzes. 2015, abgerufen am 28. Mai 2021.
  4. Schleudersitz (Replik). (mit einer 3D-Darstellung des ersten Schleudersitzes). In: Mecklenburg-Vorpommern. Virtuelles Museum zur Landesgeschichte. Abgerufen am 28. Mai 2021.
  5. Bundesarchiv/Militärarchiv Freiburg, Produktionsprogramme und Flugzeugzuteilung, RL 3; National Archives, Washington, Monatsmeldungen Beschaffung 1944.
  6. William Green, Gordon Swanborough: Jagdflugzeuge der Welt. Eine illustrierte Enzyklopädie. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1996, ISBN 3-613-30330-2.
  7. William Green, Gordon Swanborough: Heinkel's nocturnal predator. In: AIR Enthusiast Forty, September–Dezember 1989, S. 12.
  8. Heinkel He 219 – Der jagende Uhu. In: AERO, das illustrierte Sammelwerk der Luftfahrt, Heft 117, Seite 3261 ff., Marshall Cavendish International Ltd, London 1985.
  9. Chef TLR Nr. 8551/44 gKdos, veröffentlicht in Manfred Griehl: Das geheime Typenbuch der deutschen Luftwaffe. Dörfler Verlag, Eggolsheim.
  10. Green, William „Fighters Vol. 1“, page 135.
  11. Peter F. Selinger: Wolfgang Hütter gestorben. In: aerokurier. Nr. 5, 1990, S. 90.
  12. Seltenes deutsches Jagdflugzeug gefunden. 26. April 2012, abgerufen am 27. März 2014.
  13. Heiko Müller: Heinkel He 219 Uhu geborgen. Sensationsfund in Dänemark. In: Klassiker der Luftfahrt. Nr. 5, 2012, S. 38–39.

На других языках


- [de] Heinkel He 219

[en] Heinkel He 219

The Heinkel He 219 Uhu ("Eagle-Owl") is a night fighter that served with the German Luftwaffe in the later stages of World War II. A relatively sophisticated design, the He 219 possessed a variety of innovations, including Lichtenstein SN-2 advanced VHF-band intercept radar, also used on the Ju 88G and Bf 110G night fighters. It was also the first operational military aircraft to be equipped with ejection seats and the first operational German World War II-era aircraft with tricycle landing gear. Had the Uhu been available in quantity, it might have had a significant effect on the strategic night bombing offensive of the Royal Air Force; however, only 294 of all models were built by the end of the war and these saw only limited service.[1] Ernst-Wilhelm Modrow was the leading night fighter ace on the He 219. Modrow was credited with 33 of his 34 night air victories on the type.[2]

[fr] Heinkel He 219

Le Heinkel He 219 était un avion de chasse de nuit construit par l'Allemagne au milieu de la Seconde Guerre mondiale. Rapide, puissant, maniable et bien armé, il aurait pu avoir une grande influence sur le conflit mais seuls 288 exemplaires furent livrés, la production fut handicapée par le manque d'ouvriers qualifiés (la priorité étant accordée aux chasseurs de jour). De nombreux spécialistes estiment qu'il fut le meilleur chasseur de nuit de la guerre, mais de graves critiques existent aussi à son encontre.

[it] Heinkel He 219

L'Heinkel He 219 "Uhu" era un caccia notturno bimotore ad ala medio-alta prodotto dall'azienda tedesca Heinkel Flugzeugwerke AG negli anni quaranta.

[ru] Heinkel He 219 Uhu

Хейнкель He-219 «Филин» (нем. Heinkel He-219 «Uhu») — двухмоторный поршневой ночной истребитель. Первый специально спроектированный самолёт такого типа в Германии. Первый в мире боевой самолёт, оснащённый катапультируемыми креслами.



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