Die Suchoi Su-24 (russischСухой Су-24, NATO-Codename: Fencer, zu deutsch Fechter) ist ein zweisitziger taktischer Bomber(Frontbomber), der in der Sowjetunion entwickelt wurde. Nach seinem Einsatz bei den sowjetischen Luftstreitkräften wird er bis heute von den russischen Luftstreitkräften und den Luftwaffen anderer Länder eingesetzt. Die Piloten sitzen wie beim US-amerikanischen Vorbild F-111 nebeneinander.
Mitte der 1960er-Jahre suchten die sowjetischen Frontfliegerkräfte einen Nachfolger für die inzwischen veraltete Jak-28. Nach den Entwürfen S-6 mit konventionellen Pfeilflügeln und T-6 mit Doppeldeltatragflächen und vier Hubtriebwerken im Rumpf, dessen Prototyp T-6-1 am 2.Juli 1967 zum ersten Mal flog, entschied sich Konstrukteur Jewgeni S.Felsner Ende 1967 für eine Lösung mit Schwenkflügeln. Grund waren die schlechten Flugeigenschaften sowie die unzureichende Nutzlast und Reichweite der T-6-1. Ihr Konzept wurde direkt vom US-amerikanischen TFX-Programm beeinflusst, das zur F-111 führte. Die sowjetischen Luftstreitkräfte forderten ein Flugzeug mit ähnlichen Fähigkeiten, wobei man vermutete, dass die Flugeigenschaften auf die Schwenkflügelauslegung zurückzuführen seien. Der Prototyp T-6-2I wurde am 17.Januar 1970 von Wladimir S. Iljuschin erstmals geflogen. Da die Tests erfolgreich verliefen, wurde schon im Dezember 1971 die erste Serienmaschine der Su-24 im Tschkalow-Werk in Nowosibirsk fertiggestellt. Diese hatte ein gegenüber dem Prototyp geändertes Heck und optimierte Lufteinläufe. 1973 wurde der erste Einsatzverband der Luftstreitkräfte und 1975 der Marine mit der gegenüber den Vorläufern wesentlich leistungsfähigeren, jedoch auch komplexeren Maschine ausgerüstet.[1]
Die Su-24 füllt die Rolle eines tieffliegenden, allwettertauglichen Bodenangriffsflugzeugs aus. Die Su-24 ist auch von Behelfsflugplätzen einsetzbar.
Die sowjetischen Vermutungen erwiesen sich als richtig– die Su-24 stellte sich als ein leistungsfähiges Kampfflugzeug heraus, mit guter Reichweite, variabler Bewaffnung (verteilt auf acht Aufhängepunkte; vier Unterrumpf- und vier Unterflügelstationen) bis hin zu nuklearen Freifallbomben, fortgeschrittenen elektronischen Abwehr- (Eloka) und Frühwarnsystemen.
Aufgrund ihrer Robustheit ist sie im Export immer noch sehr beliebt und wird auf Anfrage nachgefertigt.
Während der Erprobung und Entwicklung der Su-24 gingen zehn Flugzeuge verloren. Acht Piloten, die sich mit dem Schleudersitz retteten, überlebten und 13 starben. Bei keinem anderen Flugzeug des Konstruktionsbüros Suchoi gab es derartig hohe Verluste während der Erprobung wie bei der Su-24.
Nach einer Pannenserie kündigten die russischen Luftstreitkräfte 2012 an, bis 2020 alle Maschinen dieses Typs außer Dienst stellen zu wollen.[2]
Versionen
Es wurden folgende Versionen gebaut bzw. geplant:
Su-24 bis zur Serie 4 („Fencer-A“): frühe Serienversion mit einem langen Treibstoff-Ablassrohr am Ende der Triebwerke und Verstellrampen an den Lufteinläufen für eine hohe Geschwindigkeit in großer Höhe
Su-24 Serie 4 bis 11 („Fencer-A“): Probleme mit den Lufteinläufen der ersten Serie wurden durch deren Vergrößerung ab der Serie4 gelöst; die Verstellrampen in den Lufteinläufen wurden, um Gewicht zu sparen, nicht mehr verwendet; zwar wurde dadurch die Höchstgeschwindigkeit von Mach 2,18 auf Mach 1,35 reduziert, die Tiefflugeigenschaften aber nicht wesentlich verschlechtert.
Su-24 Serie 12 bis 15 („Fencer-B“): leistungsgesteigertes Kühlsystem, erkennbar an einer Lufthutze auf dem Rumpf; geänderte Sensorgruppe unter dem Vorderrumpf; breiteres Seitenleitwerk; verkürztes Treibstoff-Ablassrohr am Ende der Triebwerke; ein dritter Aufhängepunkt unter dem Rumpf
Su-24 Serie 16 bis 24 („Fencer-C“): die Form des Hinterrumpfes folgte mehr den Triebwerken; an der Basis des Seitenleitwerks war ein Bremsschirm untergebracht; am vorderen Rand des Seitenleitwerks wurde ein zusätzlicher Lufteinlauf für das Kühlsystem installiert; ab dem 26. Flugzeug der Serie 21 sind die Lufteinläufe nicht mehr verstellbar, was die Höchstgeschwindigkeit auf 1,35 Mach begrenzte, aber die Leermasse reduzierte; gleichzeitig wurde das Flügelprofil geändert
Su-24 Serie 24 bis 27 („Fencer-C“): Installation von dreieckigen Radarwarnempfänger an den Lufteinläufen der Triebwerke vor dem Flügelkasten und beiderseits am oberen Ende des Seitenleitwerks;
Su-24M („Fencer-D“): kampfwertgesteigerte Version der Su-24; einziehbare Luftbetankungssonde, neuer Avionikkomplex für den Einsatz neuer laser- und fernsehgelenkter Waffen, veränderte Bugnase für ein neues Bugradar, Laserbeleuchtungs- und TV-Zielverfolgungssystem vom Typ Kajra-24 im verglasten Gehäuse mittig unter dem Vorderrumpf und Geländefolgeradar gekoppelt mit dem Autopiloten für Tiefflugeinsätze; Erstflug am 29.Juni 1977
Su-24M („Fencer-D Mod“): Möglichkeit einen Luftbetankungsbehälter für die Luft-Luft-Betankung an der mittleren Aufhängung unter dem Rumpf mitzuführen durch die Integration von großen Grenzschichtzäunen mit Pylon, verbesserte Gegenmaßnahmensysteme (mehr Düppelwerfer)
Su-24BM: nicht realisierte vergrößerte Version der Su-24M mit einem internen Waffenschacht im Rumpf zwischen den Triebwerken
Su-24MM: nicht realisierte Version der Su-24M mit den Triebwerken Ljulka AL-31
Su-24MK („Fencer-D“): geänderte Exportversion der Su-24M mit reduzierter Avionik; Erstflug 1987
Su-24MR („Fencer-E“): Version der Su-24M als taktischer Aufklärer mit intern und extern in Behältern angebrachten Sensoren (z.B. Seitensichtradar) und Kameras; ohne 23-mm-Kanone; Erstflug im September 1980
Su-24MP („Fencer-F“): Version der Su-24M für die elektronische Kriegführung; Erstflug im April 1980
Su-24K: nicht realisierte Version der Su-24 für den Einsatz auf Flugzeugträgern, da die Su-24 zu schwer war
Su-24bis: Studie einer wesentlich verbesserten Version mit modernster Avionik und Bewaffnung; Modell wurde auf der Berliner Ausstellung ILA 2000 gezeigt
Su-24M2: modernisierte Version der Su-24M bzw. Su-24MK mit verbesserter Avionik (unter anderem GPS bzw. das russische Äquivalent GLONASS, Head-up-Display (HUD) und Helmvisier) und modernerer Bewaffnung, im Fall der Exportvariante auch westliche Bewaffnung; echte Allwetterversion für den Tag- und Nachteinsatz
Su-24MK2: Version der Su-24M2 für Algerien
Su-24MRK2: modernisierte Version der Su-24MR für Algerien auf der Basis der Su-24M2
1 × 23-mm-Gatling-Maschinenkanone Grjasew-Schipunow GSch-6-23 (9A768) mit bis zu 500 Schuss Munition
Waffenzuladung von 8000kg an acht Außenlaststationen (davon zwei mitschwenkend an den äußeren Tragflächen)
Luft-Luft-Lenkflugkörper
2 × APU-60-1-Startschienen für je 1 × Wympel R-60M (K-60 bzw. AA-8 „Aphid“) – infrarotgesteuert, selbstzielsuchend für Kurzstrecken
2 × APU-60-2-Doppelstartschienen für je 2 × Wympel R-60MK (K-60 bzw. AA-8 „Aphid“) – infrarotgesteuert, selbstzielsuchend für Kurzstrecken (nur Su-24MK)
2 × P-12-1-D-Startschienen für je 1 × GosMKB Wympel R-73M (AA-11 „Archer“) – infrarotgesteuert für Kurzstrecken (nur Su-24M2)
1 × Filin-N (EKF-Behälter zur Lokalisierung von elektronischen Strahlungsquellen auf einer bestimmten Frequenzbrandbreite)
1 × Fasol SPS-5M (Radar-Störsender)
1 × Tekon/Elektron APK-9E-Funkdatenübertragungsbehälter als Relais der Lenksignale für die Ch-23/Ch-59 und KAB-100T
Selbstverteidigungssysteme
Radarwarner
Hinter den Lufteinläufen vor den Tragflächen befindet sich je ein „Berjoscha“-SPO-10- und im Vorflügel ein SPO-15C-Radarwarner. Zusätzlich sind ein SPO-15C- und ein SPO-10-Radarwarnempfänger in der Heckflosse und über dem Bremsschirmbehälter untergebracht.
Raketenanflugwarner
Der Infrarotemissionen suchende Raketenanflugwarnsensor (MAWS) Asowsky L-082 MAK-UL ist in einer Kugel im vorderen Rumpfrückenwulst eingebaut.
Täuschkörperdispenser
Am Anfang der Höhenflossen sind in den Rumpf auf jeder Seite je ein Gorizont-AAP-50MA-Täuschkörperwerfer (rechteckiger Behälter für je 12 × 50-mm-Hitzefackel-Täuschkörpern) eingebaut. Zusätzlich können weitere länglich gebaute AAP-50MR-Täuschkörperwerfer anstelle des Grenzschichtzauns installiert werden.
Elektronische Kriegsführungssysteme
Das Filin-N-Verteidigungssystem erhält die Informationen der Radarwarnsensoren SPO-15 und steuert bei Bedarf den EKF-Störsender SPS-61 an. Weiter ist im System der aktive Radarstörsender Geran-F integriert. Auch die Täuschkörperwerfer AAP-50 werden bei Bedarf automatisch ausgelöst. Ab der Su-24M ist das verbesserte System Karpaty mit dem MAK-IR-Warner installiert.
Nutzerstaaten
Aktuelle Nutzer
AlgerienAlgerien – Stand Januar 2018 befanden sich 33 Su-24M/K und 4 Su-24MR im Dienst der Luftwaffe. Die Flugzeuge stammen aus weißrussischen und russischen Beständen.[4][5]:326
AngolaAngola – Stand Januar 2018 befand sich mindestens 1 Su-24 im Dienst der Luftwaffe. Die Flugzeuge stammen aus russischen Beständen.[4][5]:446
AserbaidschanAserbaidschan – Stand Januar 2018 befanden sich 2 Su-24 im Dienst der Luftwaffe. Die Flugzeuge stammen aus russischen Beständen.[4][5]:183
IranIran – Stand Januar 2018 befanden sich 29 Su-24MK im Dienst der Luftwaffe.[5]:336 Im 2013 waren noch 30 Stück aktiv, also zusätzliche Maschinen zu den 24 Stück, welche aus dem Irak stammten.[6]
RusslandRussland – Stand Januar 2018 befanden sich 70 Su-24M/2 und 91 Su-24MR im Dienst der Luftstreitkräfte.[5]:197-199
SudanSudan – Stand Januar 2018 befanden sich 6 Su-24/M im Dienst der Luftwaffe. Die Flugzeuge stammen aus weißrussischen Beständen.[4][5]:490
SyrienSyrien – Stand Januar 2018 befanden sich 11 Su-24 im Dienst der Luftwaffe.[5]:363
UkraineUkraine – Stand Januar 2018 befanden sich ungefähr 14 Su-24M und ungefähr 9 Su-24MR im Dienst der Luftwaffe.[5]:211
UsbekistanUsbekistan – Stand Januar 2018 befand sich eine unbekannte Anzahl Su-24 im Dienst der Luftwaffe.[5]:215
Ehemalige Nutzer
IrakIrak – 30 erworben (Su-24MK), von denen im Jahr 1991 24 Stück in den Iran überflogen und dort weiter verwendet wurden („unterschlagen“ aus irakischer Sicht).
LibyenLibyen – 8 Su-24MK erworben, wovon eine im Bürgerkrieg 2011 abgeschossen wurde, 6 möglicherweise danach noch flugfähig.
BelarusBelarus – Bis zum Februar 2012 außer Dienst der Luftwaffe gestellt.[7]
Sowjetunion 1955Sowjetunion – Die sowjetischen Luftstreitkräfte sowie die Seekriegsflotte besaßen bis zur Auflösung einen Bestand von 1300 Su-24 aller Versionen bei den Front- und Seefliegerkräften. Die Luftwaffe setzte zuletzt rund 330 Su-24 aller Versionen (außer der Version MK) bei den Frontfliegerkräften ein und rund 100 Su-24 befanden sich im Einsatz bei den Marinefliegern.
Jefim Gordon: Soviet/Russian Aircraft Weapons since World War Two. Midland Publications, 2004, S. 175.
Trade Register auf sipri.org, abgerufen am 17. Mai 2021
The International Institute for Strategic Studies (IISS):The Military Balance 2018. 1. Auflage. Routledge, London 2018, ISBN 978-1-85743-955-7 (englisch, Stand: Januar 2018).
World Military Aircraft Inventory. „2013 Aerospace“. Aviation Week and Space Technology. January 2013.
Другой контент может иметь иную лицензию. Перед использованием материалов сайта WikiSort.org внимательно изучите правила лицензирования конкретных элементов наполнения сайта.
2019-2024 WikiSort.org - проект по пересортировке и дополнению контента Википедии